Birgit Vanderbeke
Das Muschelessen
Audiobuch, 2 Kassetten, ca.
170 Minuten Laufzeit
ISBN 3-933199-53-0
Monikas Meinung:
Mutter, Tochter und Sohn
warten darauf, dass der Vater von einer Dienstreise zurückkommt, außerdem soll
seine Beförderung nun endlich durch sein. Bei feierlichen Anlässen werden
traditionell Muscheln mit hausgemachten Pommes Frites serviert, und die
Vorbereitungen für das Festessen sind in vollem Gange. Die Tochter erzählt, wie
alle in der Küche beschäftigt sind, während sie auf den Vater warten, wobei
ihre Gedanken zu früheren ähnlichen Gelegenheiten zurückschweifen. Ein Abgrund
tut sich auf. Was zunächst den Eindruck einer ganz normalen Familie erweckte,
entpuppt sich mehr und mehr als eine von einem Despoten regierte Schar. Weder
Mutter noch Tochter noch Sohn konnten den hohen intellektuellen und
gesellschaftlichen Ansprüchen des Vaters je gerecht werden. Als der Abend sich
hinzieht, der Vater nicht auftaucht und die Muscheln auf dem Tisch kalt werden,
beschleicht den Leser bzw. in diesem Fall den Zuhörer langsam das Gefühl, dass
alle tatsächlich besser dran wären, wenn er nicht mehr käme...
Die Ausgangssituation dieser
Erzählung klang interessant, es ist ja immer eine Art perverses Vergnügen, in
die Abgründe der menschlichen Seele hinabzusteigen. Und da ich in den letzten
Jahren kaum deutsche Autoren gelesen habe, dachte ich mir, es sei an der Zeit,
einer deutschen Autorin eine Chance zu geben. Warum nicht. Ein Hörbuch schien
mir das geeignete Medium zu sein, da ich im Allgemeinen auch solche Werke zu
Ende zu hören pflege, die ich in gedruckter Form ziemlich schnell beiseite
legen würde. Das Muschelessen ist
zudem recht kurz, es ist eigentlich eher eine Novelle als ein Roman. Während
das Konzept der Geschichte mir durchaus gefallen hat, trifft dies auf den Stil
leider nicht zu. Ich weiß nicht, ob ich bis zum Ende durchgehalten hätte, wenn
es sich um ein längeres Werk gehandelt hätte. Irgendwie hatte ich die ganze
Zeit den Eindruck, dem Schulaufsatz einer Fünfzehnjährigen zuzuhören – was ja
durchaus in der Absicht der Autorin gelegen haben mag, bei mir aber ehrlich
gesagt auf wenig Gegenliebe gestoßen ist. Die ständigen Wiederholungen von
einzelnen Sätzen nervten nach einer Weile ebenfalls.
Vorgetragen wird das Buch
von der Autorin selbst, was, wie ich irgendwo gelesen habe, "immer etwas
Besonderes sei". Persönlich bin ich kein Fan von Autorenlesungen, meistens
sind sie nämlich eher schlecht, weil die wenigsten eine ausgebildete Stimme
haben, es sei denn, es handelt sich um Allround-Talente wie Stephen Fry, die
ihre eigenen Bücher vorlesen. Leider gehört Birgit Vanderbeke nicht in diese
Kategorie, auch wenn ihr Vortrag nicht ganz so schlimm ist wie der von
Charlotte Link, über den ich unglücklicherweise vor einer Weile gestolpert bin.
Aber das Muschelessen hat mich einmal mehr in meiner Meinung bestärkt, dass die
Qualität deutscher Hörbuchproduktionen nach wie vor hinter denen aus dem
angelsächsischem Raum zurückbleibt, wobei es natürlich auch gute deutsche
Produktionen gibt, nur sind mir (leider) noch nicht sehr viele davon begegnet.
Ein weniger heruntergeleierter Vortrag hätte dieser Erzählung mit Sicherheit
gut getan. So ist weder der Stil noch die Produktion ein Anreiz für mich, nach
weiteren Werken dieser Autorin Ausschau zu halten.
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