Robert J. SawyerMindscanTor 2005Monikas Meinung:
Im Jahr 2045 hat die Firma Immortex ein zuverlässiges Verfahren entwickelt, um das Bewusstsein eines Menschen in einen künstlichen Körper zu transferieren. Die neue Technologie ist jedoch teuer und vorerst nur den Reichen vorbehalten. Sie hat außerdem einen Nachteil: Das "Original" bleibt erhalten und muss seine Persönlichkeitsrechte dem Upload übertragen. Für die so genannten "Shed Skins", die "abgelegten Körperhüllen", hat Immortex auf der erdabgewandten Seite des Mondes ein Luxushotel errichtet, wo sie den Rest ihres Lebens verbringen müssen, das im Normalfall nicht mehr lange dauert, da nur sehr alte oder todkranke Menschen sich für diese Art des "ewigen Lebens" entscheiden. Jake Sullivan, der Erbe einer Traditionsbrauerei in Toronto, ist zwar erst 44 Jahre alt, leidet jedoch an einer Erbkrankheit, die ihn von heute auf morgen umbringen oder - schlimmer noch - wie seinen Vater in einen vor sich hinvegetierenden Pflegefall verwandeln kann. Er gehört zu den ersten Kunden von Immortex, die sich jedoch sehr bald schon mit unvorhergesehenen Problemen herumschlagen müssen, als der Sohn von Karen Bessarian, einer bekannten Schriftstellerin, die sich ebenfalls für den Upload entschieden hat, ihre Identität anfechtet, nachdem seine Mutter auf dem Mond verstorben ist. Jake fällt es ebenfalls nicht so leicht wie erwartet, sein altes Leben einfach weiterzuleben. Sowohl seine Freundin als auch seine Mutter sind nicht glücklich mit seiner Entscheidung und lehnen es ab, seine "Kopie" als den echten Jake anzuerkennen. Sein Hund weigert sich standhaft, ihn wieder zu erkennen und wartet jeden Tag vergeblich auf die Rückkehr von Herrchen. Jake bleibt nichts anderes übrig, als sich ein neues Leben aufzubauen, während das Leben für sein biologisches Pendant auf dem Mond eine überraschende Wendung nimmt. Auch in diesem Buch gelingt es Sawyer, ein interessantes Science-Fiction-Konzept in einer spannenden Geschichte zu verpacken. Die ethischen Fragen, die sich dabei stellen, haben ihn bereits vor zehn Jahren in Die dritte Simulation beschäftigt. Was macht einen Menschen zum Menschen? Gibt es so etwas wie die Seele? Mindscan geht jedoch einen Schritt weiter, es wird nicht nur eine Simulation eines menschlichen Geistes in einem Computer erschaffen, sondern ein neues Individuum, das alle Rechte des lebendigen Menschen erhält. Die Konsequenzen, die dies haben könnte, werden glaubhaft geschildert und geben dem Leser reichlich Stoff zum Nachdenken. Die Erzählperspektive (1. Person), die der Autor diesmal gewählt hat, gefällt mir persönlich nach wie vor nicht wirklich, allerdings war sie gerade bei dieser Geschichte ein geschickter Schachzug: Der Protagonist ist doppelt vorhanden und der Leser bekommt hautnah mit, wie die beiden Persönlichkeiten, die anfangs identische Zwillinge sind, sich auseinander entwickeln. Obwohl das Science-Fiction-Element in diesem Buch überwiegt, findet sich auch in Mindscan wie in früheren Romanen des Autors ein Handlungsstrang, der es für Krimileser attraktiv machen sollte. Das wichtigste Element sind jedoch wie immer in Sawyers Büchern die Figuren, nicht allein die Ideen. Die Menschen, die hinter den Technologien stehen und sie anwenden, sind immer interessanter als die Technik selbst, und das Gebiet der Hirnforschung eröffnet faszinierende Perspektiven für Sciencefiction-Autoren. |
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Zuletzt aktualisiert am: Donnerstag, 23. Juni 2005 Copyright 2005 Gesehen & Gelesen |