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        Harry Potter and the Order of the Phoenix
        Harry Potter und der Orden des Phönix
        Bloomsbury, London, 2003 
        ISBN 0-7475-5100-6
        Die Kritik bezieht sich auf das englische Original. Die deutsche
        Übersetzung von Klaus Fritz erscheint am 8. November 2003 im Carlsen
        Verlag. 
        Monikas Meinung:
            
         
        Drei Jahre mussten die Leser diesmal warten auf die Fortsetzung von
        Harrys Abenteuern, so stellt sich die (berechtigte) Frage, ob das Warten
        sich gelohnt hat. Es wurde Rowling unterstellt, sie habe unter
        Schreibblockade gelitten, was sie jedoch vehement dementiert hat. Und um
        der Wahrheit Genüge zu tun: Harry Potter and the Order of the
        Phoenix liest sich nicht wie das Buch einer Autorin, der nichts mehr
        eingefallen ist. Mit 766 Seiten (in der eng bedruckten
        Bloomsbury-Ausgabe) ist es vor allem ein langes Buch, und wie heißt es
        so schön: Gut Ding will Weile haben. Lieber etwas länger warten als
        sich später über grobe Patzer ärgern, die auch dem Lektor in der Eile
        nicht aufgefallen sind. So wie zum Beispiel die Reihenfolge, in der
        Harrys Eltern in Band 4 aus Voldemorts Zauberstab gekommen sind. Order
        of the Phoenix macht bereits nach dem ersten Lesen einen besser
        strukturierten Eindruck als Harry Potter
        und der Feuerkelch, manche Details erschließen sich jedoch erst
        beim zweiten, genaueren Lesen. Rowling streut auch diesmal Hinweise auf
        das spätere Geschehen ein, die zunächst bedeutungslos erscheinen oder
        nicht wirklich durchschaubar sind, was wir nach vier Büchern in der
        Serie aber inzwischen gewohnt sein sollten. 
        Es ist schwierig, etwas über dieses Buch zu schreiben, ohne zu viel
        von der Handlung zu verraten. Auffällig ist, dass die Autorin diesmal
        in einigen Dingen von ihrem üblichen Schema abweicht, z. B. wird nicht
        mehr lang und breit erklärt, wer Harry ist und warum er etwas
        Besonderes ist. Im fünften einer auf sieben Bücher ausgelegten Serie
        wurde das auch höchste Zeit – wer sich nicht die Mühe macht, die
        vorherigen Bände zu lesen, ist diesmal sowieso verraten und verkauft.
        Die Zusammenhänge sind inzwischen so komplex geworden, dass man
        sinnvoll an dieser Stelle nicht mehr einsteigen kann, das ist wohl auch
        Rowling klar geworden. Ein weiterer auffälliger Punkt ist, dass diesmal
        wesentlich mehr – und wesentlich wichtigere Dinge passieren, bevor
        Harry überhaupt nach Hogwarts fährt. Das Haus von Onkel und Tante ist
        kein sicherer Ort mehr für ihn, nachdem der Schutzzauber, den seine
        Mutter über ihn verhängt hat, nach der Szene auf dem Friedhof von
        Little Hangleton wirkungslos geworden ist. 
        In Hogwarts weht in diesem Jahr ebenfalls ein anderer Wind als bisher
        – man erinnere sich, dass Dumbledore sich am Ende von Band 4 mit Fudge
        entzweit hat. Eine Folge davon ist – was vorauszusehen war – dass
        das Ministerium versucht, sich in den Schulbetrieb einzumischen, was
        nicht nur für die Schüler, sondern auch für manche Lehrer Folgen hat. 
        Natürlich gibt es wie in jedem Buch ein paar neue Gesichter, die der
        Geschichte frischen Wind einhauchen, davon abgesehen fällt fast
        umgehend auf, dass unsere Helden inzwischen keine Kinder mehr sind,
        sondern langsam erwachsen werden, ein Umstand, der in vielen
        "Kinderserien" nicht berücksichtigt wird. Wer sich noch an
        seine eigene Pubertät erinnern kann, wird nicht immer unbedingt nur
        schöne Erinnerungen daran haben; dass Rowling diesem Umstand Rechnung
        trägt, ist einer der Pluspunkte, den Order of the Phoenix für
        mich hat. Harry wird sich langsam bewusst (lange hat's gedauert), wie
        unfair das Leben ihn bisher behandelt hat, und wer ehrlich ist, kann es
        ihm nicht verdenken. Der Umstand, dass er auch mal aus sich herausgeht
        und seinem Zorn und Kummer freien Lauf lässt, hat ihn für mich erst
        wirklich zu einer dreidimensionalen Figur gemacht, obwohl Tendenzen, aus
        sich herauszugehen, bereits in Der
        Gefangene von Askaban und Der Feuerkelch vorhanden waren.
        Am Ende von Order of the Phoenix scheint Harry die Grenze dessen,
        was er ertragen kann, erreicht zu haben, man ahnt jedoch bereits, dass
        sein Leidensweg noch lange nicht zu Ende ist. 
        
        Order of the Phoenix beantwortet endlich ein paar Fragen, die
        nicht nur mir unter den Nägeln brannten, zum Beispiel worin Trelawneys
        erste Prophezeiung bestand und warum Voldemort in jener Nacht
        höchstpersönlich bei den Potters aufgekreuzt ist, statt seine
        Folterknechte zu schicken. Beide Antworten sind (wie erwartet) eng
        miteinander verknüpft. Auch bei einigen Figuren fügt sich das Puzzle
        langsam zusammen, auch wenn wir über ein paar wichtige Dinge, die
        Professor Snape betreffen, nach wie vor im Dunkeln tappen. Wer schon
        immer geglaubt hat, dass in Neville mehr steckt, als zunächst
        ersichtlich ist, wird in diesem Buch positiv überrascht werden. Auch
        Ginny ist nicht länger das schüchterne Mäuschen, das Harry von weitem
        anhimmelt und dem es die Sprache verschlägt, wenn er sie anspricht,
        sondern mausert sich langsam zur selbstbewussten jungen Dame. Last, not
        least gibt es ein Wiedersehen mit Gilderoy Lockhart. 
        Mein einziger Vorwurf an das Buch ist der Schluss. Rowlings
        Erklärung, warum ausgerechnet diese Figur zu dem Zeitpunkt unter diesen
        Umständen sterben musste, ist mir zu schwach. Aber damit werde ich wohl
        leben müssen.  | 
        
          
          
        
      
        
          
          
        
          
        
      
        
          
          
           
        
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        Monika 
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