Concourse
St. Martin’s Paperbacks 1995
ISBN 0-312-95944-3
Die Kritik bezieht sich auf die amerikanische Originalversion
Christinas Meinung:
Der New Yorker Privatdetektiv Bill Smith wird von seinem Mentor Bobby
Moran gebeten, den Tod seines Neffen Mike Downey aufzuklären. Der
arbeitete für ihn als Wachmann in einem Altersheim in der Bronx und
wurde zu Tode geprügelt. Smith bittet seine Partnerin, die
chinesisch-amerikanische Detektivin Lydia Chin, die Trägergesellschaft
des Heims unter die Lupe zu nehmen und andere Hintergrundrecherchen
anzustellen, während er sich vor Ort umsieht. Sie stoßen auf viele
Gründe, die zu Mikes Tod geführt haben könnten. Ein Altersheim ist
offenbar ein Unternehmen, von dem auf vielen Ebenen profitiert werden
kann, und wehe man kommt denen in die Quere, die in ihre eigene Tasche
wirtschaften. Mike bleibt nicht das einzige Opfer, während die
Detektive sich durch das Dickicht aus politischen Intrigen, Korruption
und Verbrechen kämpfen.
S. J. Rozan ist mit Lichtgeschwindigkeit zu einer meiner
Lieblingsautorinnen avanciert. CONCOURSE ist für mich das erste Buch,
das aus der Sicht von Bill Smith geschrieben wurde, und es gefällt mir
ebenso gut wie A BITTER FEAST und CHINA TRADE, in denen Lydia Chin die
Erzählerin ist. Rozan schlüpft in die Haut des Privatdetektivs
mittleren Alters mit der bewegten Vergangenheit ebenso leicht wie in die
der jungen Frau chinesischer Abstammung, die ihre Herkunft und ihre
Traditionen mit sich herumschleppt. Es ist faszinierend, von beiden
Seiten Einblicke in ihre Freundschaft und berufliche Partnerschaft zu
erhalten. Neben all dem kommt aber der Krimiaspekt nicht zu kurz. Vom
glatten Parkett New Yorker Stadtpolitik führt Rozan die Leser in die
düstere Welt der von Gangs beherrschten Slumviertel der Bronx. Dabei
vermeidet sie es, ihre Nebenfiguren in "Die Guten" und
"Die Bösen" aufzuteilen, sondern stellt sie erfreulich
vielschichtig dar, was der Geschichte eine melancholische Note verleiht.
Am Ende lautet die Botschaft dann auch nicht "Alles wird gut", sondern "Alles wird so gut wie es eben geht."
Trotzdem fehlt nicht ein gewisser unterschwelliger Humor.
Mit S. J. Rozan als Fremdenführerin reise ich gern nach New York,
auch wenn sie mir Dinge zeigt, die nicht unbedingt im Reiseführer
stehen und bei denen manche Menschen lieber wegsehen würden. |
Kommentare? Anregungen?
Schreibt uns:
Christina Gross
|