Thinks
Denkt
Penguin Books, 2002
ISBN 0-141-00878-4
Diese Kritik bezieht sich auf das englische Original.
Monikas Meinung:
Die Schriftstellerin Helen Reed, die vor nicht allzu langer Zeit
ihren Mann verloren hat, kommt an die Universität Gloucester, um dort
ein Seminar für kreatives Schreiben zu leiten. Sie erhofft sich von dem
Umgebungswechsel vor allem, mit sich selbst ins Reine zu kommen und ihre
Trauer über Martins plötzlichen und unerwarteten Tod zu überwinden.
Als sie den Kognitionswissenschaftler Ralph Messenger kennen lernt, der
ihr unzweideutige Avancen macht, will sie zunächst keine Affäre mit
ihm beginnen. Ralph ist schließlich verheiratet und glücklicher Vater
von drei eigenen Kindern und einer Stieftochter, und sie selbst kann
sich (noch) nicht vorstellen, Sex mit einem anderen Mann als Martin zu
haben. Außerdem steht ihr ihre streng katholische Erziehung im Weg.
Doch wie heißt es so schön: Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist
schwach, und so kommt es, wie es kommen muss, und Ralph gelangt durch
einen für ihn glücklichen Umstand, der eine Sinneswandlung bei Helen
herbeiführt, schließlich doch ans Ziel.
Es klingt wie eine banale Geschichte, die kaum einen dreihundert
Seiten dicken Roman wert ist, doch halt, sie wird uns von David Lodge
erzählt, der es schafft, aus diesem scheinbar hunderttausendfach
recycelten Stoff ein äußerst lesenswertes Buch zu machen. Die Struktur
ist wie bei den meisten seiner Bücher in gewisser Weise sehr
"uneinheitlich", wodurch er mich auch diesmal wieder mehr als
einmal verwirrt hat. Die Erzählperspektive wechselt ständig zwischen
Helen, deren Erlebnisse wir aus ihrem Tagebuch erfahren, Ralph, der es
liebt, sich selbst aufzuzeichnen, während er seine Gedanken zum Besten
gibt, und einem "allwissenden" Erzähler, der das Geschehen in
"Echtzeit" (d. h. im Präsens) verfolgt. Dazwischen hat der
Leser noch Gelegenheit, Kostproben der Geschichten der Studenten aus
Helens Seminar zu lesen.
Diejenigen, denen Lodges Campusromane "Ortswechsel"
und "Schnitzeljagd" gefallen haben, sollten eigentlich auch an
"Denkt" ihren Spaß haben. Vor akademischen Diskussionen
sollte man keine Angst haben, sie fügen sich nahtlos und natürlich in
das Geschehen ein und machen einen Teil des Reizes aus, den das Buch
für mich hat. Dass dabei die Universitätsprofessoren
"entmystifiziert" werden und klar wird, dass auch sie nur ganz
normale Menschen sind, die mitunter nichts als Sex im Kopf haben, ist
ein wohl beabsichtigter Nebeneffekt. David Lodge schreibt über
wirkliche Menschen und echte Gefühle, seine Figuren sind
dreidimensional und bei all ihren Fehlern liebenswert. Er behandelt ein
altes Thema auf intelligente und unterhaltsame Art, die Denkt zu
einem ungetrübten Lesevergnügen macht. |
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