   
    
    Ortswechsel
      Monikas Meinung: 
         
    "Hoch über dem Nordpol kamen am ersten Tag des Jahres 1969 zwei
    Professoren für englische Literatur in einer Gesamtgeschwindigkeit von 1200 Meilen pro
    Stunde einander näher." So beginnt David Lodges Satire über die beiden Professoren
    Philip Swallow und Morris Zapp, die für ein Semester ihre Plätze tauschen. Swallow reist
    nach Westen ins sonnige Euphoria, Zapp nach Osten ins trübe Rummidge in Nordengland. Was
    die beiden zum Zeitpunkt ihrer Reise noch nicht wissen: Sie werden außer ihren Jobs auch
    ihre Ehefrauen tauschen und außerdem jeder auf seine Art einen gewaltigen Kulturschock
    erleiden. 
    Der Roman "Ortswechsel" spielt im Jahre 1969, also kurz nach den
    Studentenunruhen von 1968. Der Campus der Euphoric State University ist bevölkert von
    anarchistischen Gestalten, es herrscht eine Freizügigkeit, wie sie der kühle Brite
    Philip Swallow aus dem heimischen England nicht gewöhnt ist, ebenso hat er seine liebe
    Not mit den aufmüpfigen Studenten, die sich mehr für Politik als für ihr Studium
    interessieren. Morris Zapp, der seine Stelle in Rummidge einnimmt, hat ebenfalls Probleme,
    allerdings völlig anderer Natur. Ihm ist die englische Mentalität im allgemeinen
    suspekt, und das beginnt schon damit, dass er auf seinen gewohnten Komfort wie etwa ein
    gutbeheiztes Büro verzichten muss. Im Verlauf der Geschichte arrangieren sich beide
    jedoch so gut sie können mit ihrer Situation und erfahren, dass das Leben im fremden
    Land nicht nur Nachteile birgt. 
    Jedes Mal, wenn man einen Roman von David Lodge liest, der in Rummidge
    spielt, fragt man sich unwillkürlich, wie viel von der Geschichte wohl autobiographisch
    ist. Bekanntlich ist Lodge selbst lange Jahre Professor für englische Literatur in
    Birmingham gewesen, bevor er sich als freier Schriftsteller niedergelassen hat. Womit auch
    schon gesagt ist, welche englische Stadt für das trostlose Rummidge Pate gestanden hat,
    nämlich Birmingham. Auch Euphoria ist ein imaginärer Ort, ein kleiner Staat inmitten von
    Redwoods an der Westküste der USA gelegen. Dort befindet sich in Plotinus die Euphoric
    State University, eine Eliteuniversität, hinter der sich die University of California in
    Berkeley verbirgt, an der Lodge selbst einmal ein Auslandssemester verbracht hat,
    allerdings nicht im Austausch, wie er betont. 
     "Ortswechsel" beschreibt nicht nur die Probleme, die
    auftreten können, wenn man in einem fremden Land lebt, mit dessen Sitten und Gebräuchen
    man kaum vertraut ist, sondern enthält auch eine Fülle von Seitenhieben auf die
    akademische Welt, mit der Lodge bestens vertraut ist. Die Situationskomik lässt den Leser
    oftmals laut lachen und sorgt dafür, dass das Buch nie langweilig wird. Ein gewisser Sinn
    für schwarzen Humor ist allerdings gefragt, Einblick in das akademische Leben nicht
    unbedingt. Eine köstliche Geschichte, die David Lodge in einem weiteren Campusroman,
    "Schnitzeljagd", einige Jahre später weitergesponnen hat. 
    Ullstein Taschenbuch 
    Originaltitel: Changing Places
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