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Bernhard Kegel

Das Ölschieferskelett

Eine Zeitreise

Monikas Meinung:

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Bernhard Kegel, der sich in seinem 1993 erschienenen Erstlingswerk Wenzels Pilz in sehr gelungener Weise mit den Auswüchsen der Gentechnik befasste, hat sich für seinen zweiten Roman einen ganz besonderen Schauplatz ausgewählt, nämlich die berühmte eozäne Fossilienfundstätte Messel in der Nähe von Darmstadt. Die inzwischen zum Weltkulturerbe erklärte Grube Messel, die vor allem durch das dort gefundene sogenannte "Urpferdchen" auch in der breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist, zeichnet sich durch den guten Erhaltungszustand ihrer in den dortigen "Ölschiefer" eingebetteten Fossilien aus. Ähnlich wie in den Solnhofener Kalksteinbrüchen wurden auch in Messel viele Funde schon zu Zeiten der kommerziellen Ausbeutung des Steinbruchs gemacht. Die Grube hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich, eine Zeitlang war gar geplant, das Gelände zu einer riesigen Mülldeponie umzufunktionieren, wozu es aber glücklicherweise nicht gekommen ist. Vor diesem Hintergrund beginnt Bernhard Kegel seine Geschichte.

Dr. Helmut Axt ist Paläontologe und Leiter einer Außenstation des Senckenbergmuseums, das in der Grube Messel Grabungen durchführt. Die Zeiten sind nicht besonders rosig für die Wissenschaft, denn er muss sich mit den benachbarten Bauarbeitern herumplagen, die seine geliebte Grube in eine Müllkippe verwandeln wollen. Eines Tages scheint ein ungewöhnlich großer, aufregender Fund ans Tageslicht zu kommen. Axt, der es nicht erwarten kann zu sehen, was sich zwischen den beiden Schieferplatten verbirgt, fährt am Wochenende allein zur Station und schiebt das Fundstück unter den Röntgenschirm. Er erleidet den Schock seines Lebens, als ihm klar wird, was er da vor sich hat. Vor ihm liegt ein Homo sapiens, was an sich schon eine Unmöglichkeit darstellt, aber es kommt noch schlimmer: Das Skelett hat überkronte Zähne, außerdem sind Reste einer Armbanduhr deutlich erkennbar. Axt ist am Boden zerstört und verwünscht seine Neugier. Am liebsten würde er höchstpersönlich die Grube mit Tonnen von Müll zuschütten, lässt sich aber von seinem Vorgesetzten in Frankfurt, den er schweren Herzens von dem Fund informiert, zu einer Altersbestimmung überreden. Das Ergebnis ist niederschmetternd, denn das Skelett hat das für Fossilien aus Messel übliche Alter von 48 bis 50 Millionen Jahren.

Mehr soll hier vom Inhalt nicht verraten werden. Der Roman ist vielschichtig und um mehrere zentrale Figuren herum aufgebaut, von denen Dr. Axt nur eine der wichtigeren darstellt. Der Untertitel des Buches, "Eine Zeitreise", gibt dem Leser indessen einen Hinweis darauf, was ihn im weiteren Verlauf erwartet. Unter diesem Blickwinkel gesehen ist "Das Ölschieferskelett" weitaus phantastischer als die Zukunftsvision, die Kegel uns in seinem ersten Buch präsentiert hat. Hier werden wir nicht mit dem konfrontiert, was in Zukunft einmal sein könnte, sondern damit, was längst vergangen und gewesen ist. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, der Autor versteht es meisterhaft, anerkannte Theorien über das Tertiär mit seinen Phantasievorstellungen zu verweben und den Leser in eine Welt zu entführen, in der Europa noch eine aus vielen Inseln bestehende, tropische Landschaft war. Das Eozän, das vor 57 Millionen Jahren begann und vor 36 Millionen Jahren endete, ist die Zeit des massiven Aufstiegs der Säugetiere, der mit dem Untergang der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren seinen Anfang nahm. Die Grube Messel war damals ein tropischer See inmitten Europas, dessen reichhaltige Fauna und Flora im Schiefer die Zeit bis in unsere Tage überdauert hat und stellt eine großartige Kulisse für einen gelungenen Roman dar. - Zeit zum Träumen.

Ein Buch für jeden, der schon immer wissen wollte, wie es damals gewesen sein könnte.

Erschienen 1996 im Amman Verlag

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