Michael Crichton

Der 13. Krieger

Schwarze Nebel / Die ihre Toten essen

Eaters of the Dead

Droemer, München 1996

Monikas Meinung

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Der Roman SCHWARZE NEBEL erschien zum ersten Mal 1994 auf Deutsch unter dem Titel DIE IHRE TOTEN ESSEN. Nachdem der Stoff fürs Kino verfilmt wurde, wurde es unter dem Titel DER 13. KRIEGER neu aufgelegt. Es handelt sich dabei um eines jener Frühwerke von Michael Crichton, die nach dem sensationellen Erfolg von DINO PARK auf Deutsch vorgelegt oder neu aufgelegt wurden.

Wir schreiben das Jahr 922 n.Chr. Ibn Fadlan, Botschafter des Kalifen von Bagdad, wird auf seinem Weg zum König der Bulgaren von einer Bande Nordmänner gekidnappt, die ihn zwingen, sie in ihr Land zu begleiten und ihnen bei ihrem Kampf gegen die sagenumwobenen Dunstwesen und den Glühwurmdrachen beizustehen. Ibn Fadlan, der es zum Erstaunen der Nordmänner versteht, "Töne zu malen", wird später seine Erlebnisse in einem Reisebericht niederschreiben.

Das Besondere an diesem Roman ist sein Ausgangspunkt, nämlich das historische Manuskript des Arabers Ibn Fadlan, aus dem Crichton Passagen in seine fiktive Geschichte übernommen hat. Die Beschreibungen der barbarischen Sitten der Nordmänner zu Beginn des Buches sind Augenzeugenberichte des arabischen Reisenden, der Rest ist eine mehr oder minder "freie" Nacherzählung der Beowulf-Sage, die Crichton mit seiner Geschichte vermischt hat, obwohl das Beowulf-Manuskript schätzungsweise 200 Jahre älter ist. So seltsam es für manchen klingen mag, ist ihm dies erstaunlich gut gelungen.

Die Parallelen sind nicht zu übersehen, sie erschöpfen sich keineswegs darin, dass der Anführer der Nordmänner in SCHWARZE NEBEL Buliwyf heißt. Auch König Rothgar, dem Beowulf bei seinem Kampf gegen das Ungeheuer Grendel half, hat seinen Auftritt. Der Grendel und der Drache, gegen die Beowulf kämpft, werden hier durch ein und dieselbe Bedrohung repräsentiert, nämlich die Dunstwesen, menschenähnliche Kreaturen, die aus dem Nebel heraus angreifen und Tod und Zerstörung bringen.

Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Form, da es sich um ein historisches Manuskript handeln soll. Hier liegt auch die Ursache für den etwas seltsam anmutenden, altertümlichen Erzählstil, an den man sich erst gewöhnen muss, jedenfalls dann, wenn man schon diverse andere Bücher von Crichton gelesen hat. Die Verwirrung, ob es sich wirklich um einen authentischen Bericht handelt, wird erst recht dadurch perfekt, dass der Autor seinen Text mit Fußnoten versehen hat, so als würde es sich tatsächlich um eine historische Schrift handeln. Dies kann man im Grunde nur als perfide bezeichnen, und wir unterstellen hier ruhig einmal, dass es Absicht ist, dadurch ein wenig Verwirrung zu stiften. Leider fehlt die Passage, in der Crichton zugibt, dass letztendlich doch alles (bis auf den Anfang) reine Fiktion sei, aus irgendeinem Grund in der deutschen Übersetzung. Jedenfalls konnte ich sie im Nachwort meiner Erstausgabe von 1994 nicht finden. Leser der englischen Ausgabe verweisen jedoch immer wieder darauf. Da aber auch IM KREIS DER WELT erhebliche Kürzungen erfahren hat, die das Gesamtbild des Buches ziemlich zerstören, halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass dieser Absatz ersatzlos gestrichen wurde.

Wer einen "typischen" Crichton erwartet, wird von SCHWARZE NEBEL wahrscheinlich enttäuscht sein. Aufgrund des Erzählstils schafft das Buch jedoch eine ganz besondere Atmosphäre, die die Ereignisse geradezu unheimlich real wirken lässt. Die Idee, die Dunstwesen als einen überlebenden Stamm von Neandertalern zu beschreiben, hat durchaus ihren Reiz. In jedem Fall handelt es sich hier um ein Buch, das gewissermaßen aus dem Rahmen fällt und zeigt, dass Michael Crichtons schriftstellerische Palette doch etwas breiter ist, als so mancher annimmt.

Nachtrag: Das fehlende zweite Nachwort zu diesem Roman ist anscheinend erst in Ausgaben enthalten, die nach 1992 erschienen sind (was aber das Fehlen in der deutschen Ausgabe von 1994 nicht hinreichend erklärt).

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Zuletzt aktualisiert am: Donnerstag, 29. Juni 2006

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