Unter des Käfers Keller
Goldmann 1996
ISBN 3-442-43513-7
Die Kritik basiert auf der deutschen Übersetzung von Anke Caroline
Burger.
Originaltitel: Under the Beetle's Cellar
Christinas Meinung:
Seit über einem Monat halten religiöse Fanatiker schon einen
Schulbusfahrer und elf Kinder auf ihrem Grundstück in der Nähe von
Austin, Texas, gefangen. Das FBI ist ratlos, da der charismatische
Sektenführer Samuel Mordecai bisher auf keinen ihrer
Verhandlungsversuche eingegangen ist. Die Journalistin Molly Cates hat
ihren Kollegen voraus, dass sie vor zwei Jahren ein längeres Interview
mit Mordecai geführt hat. Eben deshalb will sie eigentlich nichts mit
der Geschichte zu tun haben, aber schließlich gibt sie dem Drängen
ihres Redakteurs nach und hat plötzlich den Schlüssel zur Lösung der
verfahrenen Situation in ihrer Hand.
UNTER DES KÄFERS KELLER ist einer der besten Krimis, die ich dieses
Jahr gelesen habe. Der Stoff gäbe ein gutes Drehbuch für einen
Actionthriller ab. Glücklicherweise legt Mary Willis Walker den
Schwerpunkt ihrer Geschichte nicht auf ein machohaftes Tauziehen
zwischen der Staatsgewalt und den Fanatikern, sondern beschreibt
einfühlsam, wie die Kinder mit ihrer Geiselhaft fertig werden, immer
wieder unterbrochen von Molly Cates’ Wettlauf gegen die Zeit.
Die Szenen mit den Kindern in ihrem Gefängnis sind beklemmend real.
Was besonders im Gedächtnis bleibt, sind der Mut und die Fantasie, mit
der sie ihre verzweifelte Situation meistern. So glaubhaft wie die
Kinder ist auch Protagonistin Molly Cates. Sie ist keine forsche
Superfrau, sondern eine hartnäckige Journalistin, die aber wohltuend
wenig bereit ist, ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
Fanatiker, die ihre Taten mit Religion rechtfertigen, sind ein
aktuelles Thema. Mary Willis Walker zeichnete schon 1998 das Bild eines
Sektenführers, das einem kalte Schauer über den Rücken jagt.
Heutzutage kann man nicht einmal mehr mit den Schultern zucken und sich
sagen, dass das alles nur der Fantasie einer Schriftstellerin
entsprungen ist. Walkers Ton ist journalistisch-sachlich, aber gleich
unter der Oberfläche lauert das Grauen, dass auch ein Reporter
empfinden mag, wenn er über ein solches Geschehen berichten muss.
Eine packende Geschichte mit Figuren, die die Leser nicht so schnell
wieder loslassen. |
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Christina
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