Diamond Age - Die Grenzwelt
Deutsch von Joachim Körber
Goldmann, München, 1996, ISBN 3-442-41585-3
Originaltitel: The Diamond Age or, A Young Lady's Illustrated Primer
Monikas Meinung:
Die "illustrierte Fibel für die junge Dame" ist ein
revolutionäres interaktives Erziehungsprogramm für höhere Töchter, von
dem der Nanotechniker John Percival Hackworth sich eine illegale Kopie
für seine Tochter anfertigen lässt. Das Buch wird ihm jedoch gestohlen
und gelangt in die Hände der kleinen Nell, die mit ihrer Mutter und ihrem
älteren Bruder in ärmlichsten Verhältnissen aufwächst.
Das Besondere an der Fibel ist, dass sie eine interaktive Beziehung zu
dem ersten kleinen Mädchen aufbaut, das damit spielt, so dass für jedes
Kind ein anderes, an dessen besondere Bedürfnisse angepasstes
Erziehungsprogramm abläuft. Für Nell ist die Fibel ein Ersatz für die
Schule und ihre einzige Chance auf Bildung und Wissen.
Nach dem äußerst bizarren, aber nichtsdestotrotz unterhaltsamen
Cyberpunk-Roman Snow Crash
war ich sehr neugierig auf den Nachfolger Diamond Age, und meine
Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ähnlichkeiten zwischen den beiden
Büchern sucht man allerdings vergebens, es ist Stephenson gelungen, eine
Welt zu erschaffen, die der von Snow Crash allenfalls darin ähnlich
ist, das sie völlig von der Technik beherrscht wird. Diamond Age
hat zwei Handlungsstränge, die parallel zueinander verlaufen: Einen, der in
der realen Welt spielt und einen märchenhaften, bei dem wir Nell bei den
Abenteuern begleiten, die sie mit bzw. in der Fibel erlebt. Erinnerungen
an Alice im Wunderland werden wach und daran, dass die meisten
Märchen ihre moralische Lektion oft auf recht harte Art und Weise
vermitteln. Je älter Nell wird, desto komplexer werden auch die
Geschichten, die sie in einer Welt erlebt, die zwar von märchenhaften
Gestalten bevölkert zu sein scheint, deren Bezug zum wirklichen Leben
aber eindeutig vorhanden ist. Und ganz nebenbei erfährt man als Leser
auch noch etwas über die Anfänge des Computers und die Funktionsweise
einer Turing-Maschine. Stephensons profunde Kenntnisse auf dem Gebiet der
Computertechnologie machen die Lektüre zu einem reinen Vergnügen, das in
diesem Fall durch die ausgesprochen gelungene Übersetzung von Joachim
Körber völlig ungetrübt ist. |
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Monika Hübner
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