  
Petru Popescu
Die Vergessenen von Eden
Diese Kritik bezieht sich auf das englische Original.
Monikas Meinung:
  
Die Dogilani ist eine Savanne im Herzen Kenias. Hierher verschlägt es den
Paläoanthropologen Ken Lauder auf seiner Flucht vor vermeintlichen Wilderern, die von
höherer Stelle damit beauftragt sind, ihn auszuschalten, da seine Forschungsarbeiten
nicht mehr überall auf Gegenliebe stoßen.
In der Wildnis allein auf sich gestellt, scheint sein Schicksal besiegelt zu sein, doch
die Begegnung mit einem kleinen Jungen, den er später zärtlich "Long Toes"
nennt, rettet ihm nicht nur das Leben, sondern erschüttert auch seine wissenschaftlichen
Überzeugungen in ihren Grundfesten. In dieser abgeschiedenen Region, die kaum je ein
moderner Mensch betritt, haben zwei Arten von Frühmenschen überlebt, deren Evolution
weitaus gemächlicher verlaufen zu sein scheint als die von Homo sapiens sapiens. Lauder
erhält die unerwartete Chance, den Gegenstand seiner Forschungen von bloßen fossilen
Knochen auf lebende Vertreter zweier Arten auszudehnen, die seit gut drei Millionen Jahren
als ausgestorben galten.
Die Frage, woher wir kommen, beschäftigt die Menschheit nicht erst seit Charles
Darwin. Wie haben unsere Vorfahren ausgesehen, wie haben sie gelebt? Knochen können
längst nicht alle Fragen beantworten, die uns so am Herzen liegen. In Popescus Roman
begegnet Ken Lauder den Australopithecinen, jener Art von Frühmenschen, der auch die
berühmte Lucy angehört. Vor drei Millionen Jahren gingen sie bereits aufrecht, wenn auch
ihr Gehirn mit 500 Kubikzentimetern noch eher dem eines Menschenaffen entsprach. Vor dem
Hintergrund politischer Unruhen in Kenia, die sich für ihn als lebensbedrohend erweisen,
erlebt Lauder in der Savanne Dinge, die er sich sein Leben lang nicht hätte träumen
lassen.
Popescu schafft es, den Leser in diese Welt zu versetzen, in der die Zeit drei
Millionen Jahre hinter der Gegenwart hinterherhinkt. Aber sind diese Frühmenschen
wirklich so anders als wir? Seine spekulative Vision unserer Vorfahren sagt hier deutlich:
nein. Im Grunde unterscheidet sich Long Toes in seinem Wesen gar nicht so sehr von seinem
eigenen Sohn Adam, was er durch die Wahl des Oritinaltitels ALMOST ADAM auch zum Ausdruck
bringt. Der deutsche Titel, der von einem vergessenen Eden spricht, ist hier eher
irreführend und fehl am Platz, denn so friedlich geht es in dieser scheinbar vergessenen
Welt nicht zu. Die Australopithecinen, von denen man zwei Arten kennt, nämlich eine
robuste und eine grazile, haben bereits gelernt, das Fremde im anderen zu hassen, eine nur
allzu menschliche Charaktereigenschaft.
Das Buch ist spannend und in sich geschlossen, die Ereignisse sind rein spekulativ,
aber die Handlung wirkt niemals so konstruiert wie in zwei anderen Romen der letzten
Jahre, die sich mit wiederentdeckten Frühmenschen, nämlich den Neandertalern
beschäftigen: Philipp Kerrs ESAU und John Darntons TAL DES
LEBENS. Empfehlenswert für alle, die willens sind, sich in eine fern erscheinende Welt
versetzen zu lassen.
Goldmanntaschenbuch (1999)
ISBN: 3442351235
Originaltitel: Almost Adam
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