Streng vertraulich
Harper Torch Fiction, 1994
ISBN 0-380-72623-8
Die Kritik basiert auf der amerikanischen Originalausgabe. Die
deutsche Ausgabe ist unter dem Titel "Streng vertraulich" bei
Ullstein erschienen.
Originaltitel: A Drink Before the War
Christinas Meinung:
Die Bostoner Privatdetektive Patrick Kenzie und Angie Gennaro
bekommen einen brisanten Auftrag von dem angesehenen Senator Sterling
Mulkern. Sie sollen die Putzfrau Jenna Angeline finden, die sich mit
wichtigen Dokumenten aus dem Abgeordnetenhaus davongemacht hat. Das
fällt den beiden nicht schwer, aber während sie noch darüber
nachdenken, ob es wirklich richtig ist, das Material den gewieften
Politikern zu übergeben, von denen sie ihren Scheck bekommen, und sich
so für deren Machenschaften einspannen zu lassen, sind sie schon mitten
in einen blutigen Krieg zwischen zwei Straßenbanden geraten.
Dennis Lehane hat mich vor allem durch seinen ironischen Stil und
seine Protagonisten überzeugt. Patrick Kenzie und Angie Gennaro sind
sympathische Charaktere, keine strahlenden Helden, sondern Menschen mit
eigenen Problemen. Patrick hat mit der Erinnerung an seinen Vater zu
kämpfen, der als heldenhafter Feuerwehrmann gefeiert wurde und später
in der Politik Karriere machte, zu Hause aber gnadenlos zuschlug. Angie
ist gefangen in ihrer Ehe mit dem gewalttätigen Phil. All das versuchen
sie hinter sich zu lassen, wenn sie in ihr Büro im Glockenturm einer
Kirche kommen. Was sie da sonst so den ganzen Tag treiben, außer
herumzufrotzeln, blieb zumindest in diesem ersten Band der Serie ein
wenig unklar.
Lehane gelingt es auch, die unterschiedlichen Viertel von Boston so
plastisch zu beschreiben, dass man sich wirklich nach Dorchester,
Roxbury und auf den exklusiven Beacon Hill versetzt fühlt.
Der "Rest" des Buches hat mich nicht so sehr beeindruckt.
Die Geschichte ist eine Mixtur aus bekannten Klischees. Korrupte und
moralisch verkommene Politiker handeln nicht im Sinne ihrer Wähler,
sondern paktieren mit bösen Gangstern, um Vorteile für sich
herauszuschlagen. Nicht eben originell, und Lehane ist es auch nicht
gelungen, der alten Geschichte einen neuen Aspekt abzuringen. Seine
Nebenfiguren sind entweder klischeehaft wie die Senatoren Mulkern und
Paulson oder die Bandenführer Socia und Roland oder verschwinden sofort
wieder, kaum dass man begonnen hat, sich für sie zu interessieren, wie
Jenna Angeline. Und auf die Dauer wurde es doch ziemlich langweilig,
dass die Helden in eine Schießerei gerieten, wann immer sie einen Fuß
vor die Tür setzten.
Für den Auftakt einer Serie nicht schlecht. Auf jeden Fall lohnt es
sich, Lehane noch eine zweite Chance zu geben. |
Kommentare? Anregungen?
Schreibt uns:
Christina
|