Richard Leakey & Roger LewinDie sechste AuslöschungDiese Kritik bezieht sich auf das englische Original. Monikas Meinung:
Steven Stanley beschrieb in seinem Buch "Wendemarken des Lebens" die fünf großen Krisen der Evolution, bei denen jeweils mehr als die Hälfte allen Lebens auf der Erde innerhalb kürzester Zeit ausgelöscht wurde. Das letzte dieser großen Massensterben fand vor 65 Millionen Jahren am Ende des Mesozoikums statt, seither hat es mehrere kleinere Aussterbewellen gegeben, die letzte vor (geologisch gesehen) kurzer Zeit am Ende der letzten Eiszeit. Die Aussagen der Fachwelt, ob es sich dabei um ein Massensterben handelt oder lediglich um das allgegenwärtige "Hintergrundaussterben", sind nach wie vor widersprüchlich. Immer klarer scheint jedoch zu werden, dass die Erde kurz vor dem sechsten großen Aussterbeereignis steht - oder befinden wir uns längst mittendrin und haben es nur noch nicht vergegenwärtigt? Die Alarmzeichen stehen längst auf rot, aber die Gegenmaßnahmen lassen weiterhin zu wünschen übrig. Nun werden Sie wahrscheinlich sagen, wenn die Erde fünf große Massensterben überstanden und danach jeweils eine ebensogroße Vielfalt hervorgebracht hat wie zuvor, wo liegt dann das Problem? Nun, das Problem liegt darin, dass frühere Aussterbeereignisse auf "natürliche" Ursachen zurückgeführt werden können, welcher Art diese auch immer gewesen sein mögen (plötzliche Klimaveränderungen, Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche usw.). Aber diesmal ist es anders, denn der derzeitige Artenschwund ist menschengemacht. Seit ca. 8000 Jahren ist die Weltbevölkerung kontinuierlich gewachsen, der Mensch begann, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben und Städte zu bauen, wodurch er immer mehr Lebensraum für sich beanspruchte, der anderen Arten verloren ging. Die sog. Zivilisation hat auch ihre Schattenseiten. Täglich verschwinden Arten auf Nimmerwiedersehen von der Oberfläche unseres Planeten, Arten von denen niemand weiß, in welcher Wechselbeziehung sie mit ihrem Ökosystem standen und inwieweit sie für dessen Funktion wichtig waren. Wie ist das möglich, wird so mancher fragen. Die Wissenschaft hat doch alles katalogisiert und beschrieben, und im 21. Jahrhundert wird es kaum noch etwas zu entdecken geben, weil wir alles schon wissen. Diese menschliche Überheblichkeit kann schon bald zu einem bösen Erwachen führen. Ökosysteme sind zerbrechliche Gebilde, und der Wunschtraum des Menschen, die Natur zu kontrollieren, hat sich bisher nicht erfüllt. Noch brauchen wir unsere Umwelt, um zu überleben, und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern. Wenn erst einmal alles zubetoniert ist, wird es zu spät sein. Der Mensch als "Krone der Schöpfung"? Die meisten sehen sich wohl noch immer gern in dieser schmeichelhaften Rolle, aber so wie es im Moment aussieht, scheinen 1500-1800 Kubikzentimeter Gehirnmasse allein nicht auszureichen, um die eigene Art zu erhalten. Wenn die Weltbevölkerung in dem Maße weiterwächst, in dem sie es jetzt tut, werden die Ressourcen des Planeten über kurz oder lang erschöpft sein und wir werden vor dem Nichts stehen. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht übermorgen. Aber man sollte damit beginnen, in geologischen Zeiträumen zu denken, auch wenn es schwer fällt. Das Leben auf der Erde ist 3,8 Milliarden Jahre ohne den Menschen ausgekommen, und es wird sicher neue Formen hervorbringen, wenn wir einmal nicht mehr da sein sollten. Aber wäre es nicht viel interessanter, dabei zu sein und der Evolution über die Schulter sehen zu können? Richard Leakey, einer der anerkanntesten Paläoanthropologen auf der Welt hat mit "Die sechste Auslöschung" ein Buch geschrieben, das jeder lesen sollte, der sich für das interessiert, was um ihn herum geschieht und der nicht nur darüber nachdenkt, welches Auto er sich gern als nächstes kaufen würde. Unser kleines "Puzzleteil", auf dem wir leben, sollte unseren Horizont nicht begrenzen und den Ausblick auf das ganze Bild verwehren. Sonst wird die Spezies Mensch tatsächlich irgendwann einen traurigen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde der Erdgeschichte erhalten. Leakey ist überzeugt, dass der Schlüssel zur Zukunft der Erde in ihrer Vergangenheit liegt. Nur wenn wir die Vergangenheit verstehen, werden wir die Zukunft meistern, denn die Zukunft der Erde ist auch unsere Zukunft, jedenfalls sollte sie es für die nächsten ca. zwei Millionen Jahre sein, die mittlere Lebensdauer einer Säugetierart. Fischer 1996
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Zuletzt aktualisiert am: Dienstag, 02. September 2003 Copyright 2000 Christina Gross & Monika Hübner |