Batya Gur
Denn am Sabbat sollst du ruhen
Goldmann 1992
ISBN 3-442-42598-2
Übersetzt von Margalit Zibaso
Christinas Meinung:
Die angesehene Analytikerin Eva Neidorf wird am Morgen vor einer
großen Konferenz tot im Gebäude der Psychoanalytischen Gesellschaft
gefunden. Inspektor Michael Ochajon ist sicher, dass der Mörder ein
Patient oder Kollege von ihr war. Die Gruppe der Verdächtigen ist
groß, denn Neidorf hat beinahe alle Mitglieder der Gesellschaft als
Lehranalytikerin betreut. Unterstützt von ihrem Mentor Hildesheimer
tastet sich Ochajon durch das Labyrinth von Beziehungen in dieser
ungewöhnlichen Gemeinschaft.
Batya Gurs Debütkrimi entwickelt sich langsam und wohldurchdacht.
Bevor die Verdächtigen ins Visier der Polizei geraten, haben die Leser
ausführlich Gelegenheit, ihre Bekanntschaft zu machen. Die Ermittlung
ist nicht in wenigen Tagen abgeschlossen, sondern zieht sich über
Wochen hin, was der Geschichte aber keinen Abbruch tut, sondern sie
realistischer macht. Weniger realistisch sind hingegen die Fehler, die
Ochajon unterlaufen. Sie passen eher zu jemandem, der gerade von der
Polizeiakademie abgegangen ist, als zu einem erfahrenen Kriminalbeamten,
der kurz vor der Beförderung steht. Davon abgesehen ist Ochajon eine
sympathische Figur mit intellektuellen Neigungen, die ein wenig an Donna
Leons Commissario Brunetti erinnert.
Die Jerusalemer Kulisse war ein Anreiz, dieses Buch zu lesen, aber in
dieser Hinsicht wurde ich etwas enttäuscht. Gur konzentrierte sich so
sehr auf die kleine Welt, in der das Verbrechen geschieht, dass der
Schauplatz Jerusalem kaum eine Rolle spielt. Von einigen wenigen Szenen
abgesehen, hätte die Geschichte in jeder beliebigen Stadt spielen
können.
DENN AM SABBAT SOLLST DU RUHEN ist kein Buch für Action-Fans, aber
wer sich auf das langsame Tempo und den nachdenklichen Stil einlässt,
wird nicht enttäuscht werden. |
Kommentare? Anregungen?
Schreibt uns:
Monika Hübner
|