Zunächst sieht alles wie ein tragischer Unfall aus. Osnat Harel,
Kibbuzsekretärin, wird mit einer Lungenentzündung in die
Krankenstation des Kibbuz eingeliefert und stirbt kurz darauf an einer
allergischen Reaktion auf Penicillin. Die Autopsie kommt jedoch zu einem
anderen Ergebnis. Michael Ochajon, der gerade zu einer Sonderabteilung
versetzt wurde, steht wieder einmal vor der Aufgabe, in einer in sich
geschlossenen Welt einen Mörder zu jagen, einer Welt, die durch jeden
seiner Schritte aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann.
Batya Gur hat auch ihren dritten Ochajon-Krimi nach der bewährten
Formel geschrieben. Ein Verbrechen erschüttert eine kleine Welt, in der
nicht dieselben Regeln gelten wie anderswo. Anders als die Gemeinschaft
der Psychoanalytiker oder der Literaturwissenschaftler ist der Kibbuz
außerdem typisch israelisch. Gur gelingt es auch diesmal, diese Welt
für den Leser aufleben zu lassen, aber die Verknüpfung mit der
Krimihandlung, ohnehin nie das stärkste Element ihrer Bücher, ist ihr
misslungen. Ochajons bewährtes Team kommt in diesem Buch kaum vor, da
er versetzt wurde, und auch er selbst ist eher blass. Es gehört nicht
viel dazu, den Täter zu durchschauen. Während in
AM ANFANG WAR DAS
WORT noch die Geschichte so gut erzählt war, dass mir das nichts
ausgemacht hat, habe ich mich bei der Lektüre von DU SOLLST NICHT
BEGEHREN ziemlich gelangweilt. Die Person des Opfers gewinnt keine
Konturen, sondern gerät immer mehr in Vergessenheit, die Ermittlungen
hängen in der Luft, und das Buch ist voll mit Nebenhandlungen, die
nicht richtig entwickelt werden.
Gur hätte besser daran getan, ihre Geschichte über die Veränderung
der Kibbuz-Bewegung nicht mit einem Mord zu garnieren. So funktioniert
weder der Krimi, noch der Kibbuz-Teil. |