Am Anfang von Die geliehene Zeit begegnen wir Claire Randall
im Jahre 1968 - zwanzig Jahre nach den Ereignissen von Feuer und Stein. Nachdem ihr Ehemann Frank
zwei Jahre zuvor gestorben ist, hat sie sich entschlossen, ihrer Tochter
Brianna, die als Franks Tochter aufgewachsen ist, die Wahrheit über
ihren leiblichen Vater zu sagen. In einer Rückblende, die ungefähr
neun Zehntel des Buches ausmacht, erfährt der Leser, was geschah,
nachdem Claire und Jamie nach Frankreich fliehen mussten und wie es
schließlich dazu kam, dass Claire durch den Steinkreis in ihre eigene
Zeit zurückgekehrt ist. Die Rahmenhandlung schließt sich am Ende des
Buches, aber wer erwartet, dass alle losen Enden hier verknüpft werden,
wird enttäuscht. Es ist kein wirklicher Abschluss, und der nächste
Band, Ferne Ufer, nimmt den Handlungsfaden an exakt dieser Stelle
wieder auf.
Spätestens nach diesem zweiten Band sollte man sich als Leser
darüber im Klaren sein, dass man es hier nicht mit einer Serie zu tun
hat, die man in beliebiger Reihenfolge lesen kann oder deren
Einzelbände in sich abgeschlossen sind. Hier wird eine fortlaufende
Geschichte erzählt, die mittlerweile ca. fünftausend Seiten lang ist.
Wer sich von dieser Aussicht abgeschreckt fühlt, sollte spätestens
jetzt aufhören und sich eine andere Lektüre suchen. Falls er nicht -
wie ich - mittlerweile so von dieser Welt fasziniert ist, dass daran
nicht zu denken ist.
Nach dem äußerst spannenden ersten Teil des Buches, der im 20.
Jahrhundert spielt, geht es etwas gemächlicher zu, aber ebenso wie in Feuer
und Stein passiert so viel, dass man das Buch nur schwer aus der
Hand legen kann. Interessant fand ich Claires und Jamies Versuche,
einerseits die Zeitlinie so zu verändern, dass den Highland-Clans nicht
das Schicksal beschieden ist, wie es in den Geschichtsbüchern des 20.
Jahrhunderts beschrieben wird, und andererseits Claires Ängste, dass
sie die Zukunft dabei so verändern könnten, dass Frank nie existieren
würde. Die in Bernstein gefangene Libelle des amerikanischen
Originaltitels ist eine Allegorie für Claires unbestimmtes Gefühl, in
einer Zeitfalle zu sitzen und hilflos zusehen zu müssen, wie das
Schicksal seinen Lauf nimmt, ganz gleich, welche Anstrengungen sie auch
unternimmt, um es zu beeinflussen.
Auch dieser zweite Band der Highland-Saga ist sowohl packend als auch
intelligent geschrieben, jedes Detail hat in diesem auf den ersten Blick
viel zu dick erscheinenden Band seinen Platz, und Charaktere, denen man
schon einmal begegnet ist und die zunächst keine besondere Bedeutung zu
haben schienen, fügen sich auf überraschende Weise in den
Handlungsstrang ein und machen neugierig auf das weitere Geschehen. |