Bei einer Ausgrabung in der Nähe von Jerusalem
macht Stephen Foxx, Student und Ausgrabungshelfer, in einem Grab einen
merkwürdigen Fund. Seltsam ist der Tote selbst, denn er hat
Amalgamfüllungen in einigen seiner Zähne. Mindestens ebenso seltsam
ist die Grabbeigabe - in einem unscheinbaren, vom Alter porös
gewordenen Jutesäckchen steckt die Bedienungsanleitung für eine
digitale Videokamera von Sony. Wie kann ein vor zweitausend Jahren
gestorbener Mann moderne Zahnfüllungen haben, und wie kommt die
Bedienungsanleitung ins Grab? Stephen glaubt zunächst an einen
schlechten Scherz, aber die Schicht, in der sich das Grab befindet, war
unberührt. Das merkwürdige Verhalten des Ausgrabungsleiters überzeugt
ihn davon, dass er auf eine Sensation gestoßen sein muss. Wo eine
Bedienungsanleitung ist, muss sich auch irgendwo die zugehörige Kamera
finden, zumindest scheinen alle Beteiligten das zu hoffen. Und was
würde jemand im Palästina der Zeitenwende schon filmen wollen, wenn
nicht Jesus von Nazareth? Eine fieberhafte, abenteuerliche Suche nach
dem vermeintlichen Jesus Video beginnt, die jeder wissenschaftlichen
Grundlage zu entbehren scheint.
Zeitreisen sind immer wieder ein beliebter Stoff bei Science Fiction
Autoren, und der Fantasie sind keine hier Grenzen gesetzt.
"Unbequeme" Tote mit modernen Artefakten in nachweislich alten
Schichten scheinen ein beliebtes Thema zu sein, und der Beginn der
Geschichte erinnert vage an Bernhard Kegels Ölschieferskelett. Hier
hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon wieder auf, denn Andreas
Eschbachs Roman entwickelt sich in eine völlig andere Richtung. Was
nun folgt, ist eine Art Realsatire, ein sicher nicht allzu weit
hergeholter Seitenhieb auf die Angewohnheit mancher Zeitgenossen - vor
allem der geschäftlich erfolgreichen - alles möglichst
gewinnbringend vermarkten zu wollen. Wer besonders gläubig ist und
große Stücke auf die Kirche als Institution hält, sollte vielleicht
Abstand davon nehmen, dieses Buch zu lesen. Es ist keineswegs ein
Angriff auf den Glauben, aber die Mächtigen kommen nicht allzu gut dabei
weg.
Das Buch ist voller überraschender Einfälle und Wendungen. Wenn man
gerade glaubt, jetzt würde die Auflösung unmittelbar bevorstehen,
kommt ein neues Element ins Spiel und die Handlung entwickelt sich in
eine völlig neue Richtung. Zum Schluss passen alle Puzzleteile jedoch
zusammen und ordnen sich zu einem Bild, das vielleicht doch nicht ganz
so aussieht, wie man es zu Beginn erahnt zu haben glaubte. Es ist eine
Kunst, bei einer solchen Geschichte das Ende nicht zu ruinieren, aber Andreas
Eschbach ist es beim Jesus Video gelungen.
Fazit: Ein äußerst spannender Science Fiction-Roman, der den
internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht.
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