Wer Bücher liebt, hat sich sicher schon einmal gewünscht, selbst
Teil seiner Lieblingsgeschichte zu sein oder seinen Lieblingsfiguren
zu begegnen. Doch was passiert, wenn dieser Wunsch Wirklichkeit
wird, oder viel schlimmer, wenn man gar nicht gefragt wird, ob man
mitspielen möchte oder nicht? Cornelia Funke bringt in Tintenherz
die reale Welt ins Wanken, als ein mysteriöser Besucher das scheinbar
normale Familienleben der zwölfjährigen Meggie und ihres Vaters Mo
durcheinander bringt.
Mo bestreitet seinen Lebensunterhalt mit dem
Restaurieren von Büchern,
und Meggie hat bereits seit frühester Kindheit die Liebe zu Büchern
und Geschichten von ihm gelernt. Eigentlich hat sie es von beiden
Elternteilen mitbekommen, denn auch in der Familie ihrer Mutter, die
neun Jahre zuvor spurlos verschwunden ist, gibt es Menschen, die Bücher
nicht nur lieben, sondern denen sie mitunter mehr bedeuten als ihre
Mitmenschen. Zum Beispiel Meggies Tante Elinor, der im weiteren Verlauf
der Geschichte noch eine bedeutende Rolle zukommen wird, wenn auch keine
so bedeutende wie den Büchern, genauer gesagt einem ganz bestimmten
Buch.
Tintenherz ist ein Jugendbuch, das genau wie die Laura-Serie
von Peter Freund durchaus auch für Erwachsene etwas zu bieten hat. Wie
bei Laura spielt auch hier ein verschwundenes Elternteil eine
Schlüsselrolle, auch wenn dies erst nach und nach im Verlauf der
Geschichte klar wird. Besonders gefallen hat mir an diesem Roman die
Bibliophilie - ich gehöre ebenfalls zu den Menschen, die den Drang
haben, Bücher zu besitzen, und die ihre Lieblingsgeschichten wieder und
wieder lesen, auch wenn ich es aus Zeitmangel und der schieren Fülle
neuer Bücher wegen nicht mehr so oft tue wie als Kind. Auch an Orten,
an denen man bereits einmal war, gibt es immer wieder etwas Neues zu
entdecken.
Einem jugendlichen Leser mag Cornelia Funkes Erzählstil weniger gut
gefallen als Peter Freunds zum Teil betont "coole" Sprache,
die wie in meinen Kommentaren erwähnt an einigen Stellen eines
aufmerksameren Lektors bedurft hätte, ich persönlich fand jedoch, dass
sie ihr Handwerk souverän beherrscht. Aber vielleicht vergleiche ich
hier auch Äpfel mit Birnen. Wie dem auch sei, Bücherwürmer sollten Tintenherz
lieben. |