Mary Willis Walker
Der rote Schrei
Christinas Meinung:
Molly Cates, Journalistin und Buchautorin, beschäftigt sich seit zehn
Jahren mit dem Fall von Louie Bronk, der kreuz und quer durch Texas fuhr
und dabei Frauen vergewaltigte, ermordete und ihnen den Kopf rasierte. Nun
sitzt er in der Todeszelle in Huntsville, alle Berufungsmöglichkeiten
sind ausgeschöpft, und der Termin für seine Hinrichtung durch die
Giftspritze ist auch schon angesetzt. Sein prominentestes Opfer war Tiny
McFarland, eine reiche Dame der Gesellschaft. Ihr Witwer Charlie McFarland
hatte sich immer geweigert, mit Molly zusammenzuarbeiten. Plötzlich
bestellt er sie zu sich und versucht, sie vom Schreiben eines Artikels
über Louie Bronks Hinrichtung abzuhalten, angeblich weil seine labile
Tochter Alison dieser weiteren Belastung nicht gewachsen ist. Als das
nicht gelingt, bearbeitet er ihren Chef. Doch Molly lässt sich nicht
davon abbringen.
Dann wird auch Charlie McFarlands zweite Frau getötet, und Louie Bronk
widerruft sein Geständnis bezüglich Tiny McFarland. Die Behörden sind
nicht gewillt, dem Glauben zu schenken. Sie halten das für "den
roten Schrei", den typischen Widerruf eines Todeskandidaten kurz vor
der Hinrichtung. Bronk bittet Molly, sein ziemlich wackliges Alibi zu
überprüfen, und sie lässt sich widerstrebend darauf ein, denn sein
Widerruf macht sie zur Lügnerin und bedroht den Verkauf ihres Buchs. Doch
wie sich herausstellt, ist das nicht das größte ihrer Probleme. Anonyme
Briefe scheinen darauf hinzuweisen, dass ein Nachahmungstäter auch sie
zur Zielscheibe machen will.
Molly Cates ist eine Frau in den Vierzigern mit einer erwachsenen
Tochter und ein paar gescheiterten Ehen, die immer verzweifelt auf Schecks
im Briefkasten wartet. Beruflich weiß sie aber genau was sie will und
verbeißt sich in ihre Recherchen wie ein Pitbull. Eine Figur, von der man
gerne noch mehr hören möchte.
Wie ein roter Faden zieht sich die Realität der Todesstrafe durch das
Buch. Walker beschreibt die Zustände im Todestrakt von Huntsville in
Texas, und ihr Todeskandidat ist ein typischer, arm, ungebildet, der sich
von einer überarbeiteten Anwältin vertreten lassen muss, die
Todeskandidaten aus Überzeugung unentgeltlich vertritt. Sie stellt aber
auch das Dilemma glaubhaft dar, in dem sich selbst Gegner der Todesstrafe
befinden. Obwohl Molly Cates die Todesstrafe ablehnt, gibt sie zu, dass
sie sich besser fühlen wird, wenn ein Mann wie Louie Bronk nie wieder
Frauen am Straßenrand auflauern kann.
DER ROTE SCHREI ist gut geschrieben und fesselt das Interesse. Ein
Buch, dass den Zweck eines Krimis zur Zufriedenheit erfüllte und darüber
hinaus auch noch zum Nachdenken anregte. Nur der Schluss ließ ein wenig
zu wünschen übrig.
Originaltitel: The Red Scream
Goldmann Taschenbuch
ISBN 3-442-42984-6
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