Im Augenblick ist es schwer in, Büchereditionen
herauszubringen, die der gebildete Mensch sich zu Gemüte führen
sollte. Alle großen Zeitschriftenverlage sind dabei. Und in der Tat
kann man sich ziemlich preiswert eine Bibliothek zusammenstellen,
die Eindruck schindet. Was aber, wenn man nicht Eindruck schinden,
sondern sich einem Lesevergnügen hingeben möchte?
Eines Tages habe ich die Penetranz der mich
umgebenden Sondereditionen nicht mehr ausgehalten und bei "Mrs.
Dalloway" zugeschlagen, wenngleich der Klappentext mich etwas ratlos
zurückgelassen hat. Aber über Virginia Woolf und ihre Bedeutung ist
schon so viel geschrieben worden, dass berechtigte Hoffnung bestand,
dass da was dran ist.
Ein innerer Monolog, ein Bewusstseinsstrom. OK, es
stand von vornherein fest, dass dies kein Actionthriller werden
würde.
Das ganze Buch spielt an einem Junitag 1923.
Mrs. Dalloway wird abends eine Party geben, und wir
begleiten sie bei ihren Vorbereitungen dazu. Gleichzeitig erfahren
wir, wie ein Soldat dermaßen an den Kriegsfolgen leidet, dass er
schließlich Selbstmord begeht. Das war eigentlich die Stelle, die
mir am besten gefallen hat. In ihrem Empfinden für die
psychologischen Folgen traumatischer Erlebnisse war Woolf ihrer Zeit
sehr weit voraus.
Die Jugendliebe von Mrs. Dalloway tritt nach 30
Jahren wieder in Erscheinung und Mrs. Dalloway grübelt, ob sie ihn
vielleicht hätte heiraten sollen.
Bei der Party abends sind schließlich alle Leute
versammelt, die in Mrs. Dalloways Leben eine wichtige Rolle spielen:
Ihre einstige Liebe, ihre einstige beste Freundin, der Arzt, der den
Selbstmörder nicht retten konnte.
Und das war's. Ein paar Metaphern, die wir heute als
sehr ungewöhnlich empfinden, eine Beschreibung des alten London.
Und, für den unvorbereiteten Leser, jede Menge Langweile. Ich möchte
jetzt einer Autorin, deren Größe weithin gerühmt wird, nicht Unrecht
tun. Mag sein, dass sie eine wichtige Wegbereiterin der Literatur
war, aber, um einen Vergleich anzubringen, ist der Roman wohl so was
wie die ersten Computerspiele. Ich weiß noch, wie damals ein
flirrendes, blinkendes Pünktchen durch aus lauter Schriftzeichen
gebildeten Landschaften auf dem monochromen Bildschirm umherflitzte;
je nach Gefahrenlage umgeben von einem hohen oder einem tiefen Ton –
und wir fanden's total toll!
Klar waren jene Spiele der Grundstein für die
3D-Spiele, die eine überragende Grafik- und Soundkarte benötigen.
Ein Jugendlicher von heute würde aber echt die Krätze kriegen, wenn
er das Spiel – mit Pfeiltasten – spielen sollte.
Und so ähnlich ist es wohl mit dem Roman. Er mag die
Basis für eine stürmische Entwicklung gelegt haben, aber für den
zeitgenössischen Genussleser ist er ziemlich trocken und fade. Ich
wette, dass die Leute, die sich den Roman im Rahmen einer Edition
kaufen, ihn mehrheitlich nicht zu Ende lesen werden.
Sorry Virginia, aber so ist's nun mal. Ach, und
James Joyce werde ich nicht lesen. Zumindest nicht zum Spaß. |