Connie Willis
Die Farben der Zeit
Deutsche Übersetzung: Christian Lautenschlag
Originaltitel: To Say Nothing of the Dog
Heyne, 2001
ISBN 3-453-18783-0
Monikas Meinung:
Im 21. Jahrhundert hat die Universität von Oxford ein Verfahren
entwickelt, um in der Zeit zu reisen, ohne dass dabei das
Raumzeitgefüge verändert wird, weil es unmöglich ist, Gegenstände
aus der Vergangenheit durch das Netz mit in die Zukunft zu bringen.
Gereist wird ausschließlich zu Forschungszwecken, die Teilnahme ist den
Angehörigen der Universität vorbehalten. Allerdings haben wiederholte
Sprünge eine unangenehme Nebenwirkung, da der Betreffende unter einer
Art Zeitkrankheit zu leiden beginnt, die sich im ständigen Zitieren
klassischer Literatur und darin äußert, dass er Gefahr läuft, sich in
die erstbeste Person zu verlieben. Kurieren lässt sich diese
unangenehme Störung nur durch viel Ruhe und Schlaf. Also schickt man
Ned Henry, der nach wiederholten Sprüngen ins Jahr 1940 ziemlich
lädiert ist, zur Erholung ins viktorianische Zeitalter, genauer gesagt
ins Jahr 1888, wo er eine kleine Inkonsistenz korrigieren soll, die
trotz aller Sicherheitsvorkehrungen aufgetreten ist, weil jemand eine
Katze mit ins Jahr 2057 gebracht hat, was eigentlich gar nicht hätte
möglich sein dürfen. Außerdem soll er dort zusammen mit seiner
Kollegin Verity Kindle Nachforschungen über den Verbleib eines
Artefakts aus der Kathedrale von Coventry anstellen, das unter der
Bezeichnung "des Bischofs Vogeltränke" bekannt ist. Die
Kathedrale wird im 21. Jahrhundert von Lady Schrapnell wiederaufgebaut,
und detailbesessen wie sie ist, soll das möglichst originalgetreu
geschehen, und des Bischofs Vogeltränke ist seit dem deutschen
Bombenangriff im Jahr 1940 verschwunden, außerdem hat niemand eine
Vorstellung davon, wie sie ausgesehen haben könnte.
Auf der Jagd nach des Bischofs Vogeltränke gerät das
Raumzeitgefüge zum großen Vergnügen des Lesers erheblich ins Wanken,
und die vielen Verwicklungen, die sich ergeben, lassen das Buch keine
Sekunde langweilig werden. Zum Schluss werden jedoch alle losen Enden
zur Zufriedenheit verknüpft, und die Welt ist (scheinbar) wieder in
Ordnung. Aber ist sie das auch wirklich?
Zeitreisegeschichten kann man mögen oder nicht mögen, es kommt wohl
darauf an, inwieweit man als Leser bereit ist, eine derart unmöglich
erscheinende Technologie als gegeben hinzunehmen. Obwohl ich nicht
glaube, dass Zeitreisen jemals Wirklichkeit werden könnten, lasse ich
mich in einem gut geschriebenen Buch immer wieder gern darauf ein.
Connie Willis' Roman Die Farben der Zeit ist eine äußerst
vergnügliche Variante dieses Themas. Wenn man das Raumzeitgefüge als
chaotisches System betrachtet, wird klar, dass auch hier der
"Schmetterlingseffekt" eine große Rolle spielt: Winzige
Veränderungen in den Ausgangsbedingungen können langfristig große
Auswirkungen haben, die in keiner Weise vorhersehbar sind, da helfen
selbst die kompliziertesten Computersimulationen wenig, das müssen auch
unsere Helden schmerzlich erfahren, die nach einer Weile hauptsächlich
damit beschäftigt sind, das Kontinuum zu retten.
Das Buch sollte eigentlich eine breite Leserschaft ansprechen, nicht
nur die Leser von Sciencefiction. Meiner Meinung nach ist es durchaus
empfehlenswert als Geschenk für jemanden, der immer noch
Berührungsängste mit dem Genre hat und glaubt, dabei ginge es
ausschließlich um Raumschlachten und Roboter, aber Sciencefiction ist
eben ein sehr viel breiteres Gebiet. |
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Monika Hübner
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