| 
             Der 1971 mit dem Nebula Award 
            ausgezeichnete Roman spielt in ferner Zukunft auf dem Planeten 
            Borthan, wo es den Nachkommen der menschlichen Siedler nicht erlaubt 
            ist, ihre Gefühle auszudrücken und sich selbst als Individuen zu 
            bezeichnen. Die Pronomen "ich" und "mein" müssen durch die 
            unpersönliche dritte Person umschrieben werden, was die 
            Kommunikation verkompliziert. Lediglich den Reinigern, einer 
            Mischung aus Beichtvater und Psychiater, darf man sein Innerstes 
            offenbaren.  
            Erzählt wird die Geschichte von Kinnall Darival, der 
            sich auf der Flucht befindet, nachdem ein Reisender von der Erde ihn 
            mit einer Droge bekannt gemacht hat, die es ermöglicht, demjenigen, 
            mit dem zusammen man sie einnimmt, seine Seele zu öffnen.  
            Das Erste, was mir an diesem Klassiker der 
            Science-Fiction-Literatur auffiel, war Silverbergs altmodische Art, 
            seine Geschichte zu erzählen, die mich eher an die Schriftsteller 
            des 19. Jahrhunderts erinnerte als an moderne Autoren, obwohl erst 
            35 Jahre seit dem Erscheinen des Buches vergangen sind. Die 
            Rahmenerzählung, in der ein Ich-Erzähler auf sein Leben 
            zurückblickt, indem er es für die Nachwelt aufschreibt, ist zudem 
            eine Form, die heutzutage besonders "antiquiert" wirkt. Die Dialoge 
            sind spärlich gesät, man hört über Gespräche, hat jedoch nur selten 
            Anteil an ihnen. Die Absätze erstrecken sich oft über eine ganze 
            Seite oder mehr, was den Eindruck vermittelt, dass es nur langsam 
            vorwärts geht.  
            Kinnalls Geschichte hat durchaus Potenzial, 
            Silverberg hat mit ihm einen Protagonisten geschaffen, der mich 
            trotz aller Vorbehalte gegen den Grundton des Romans die Seiten 
            umblättern ließ, weil ich wissen wollte, wie die Sache für ihn 
            ausgeht. Die Welt, die er beschreibt, ist indessen wenig innovativ: 
            Die Menschen fahren mit Wagen, die das Äquivalent unserer Autos zu 
            sein scheinen, auch wenn dies nicht explizit gesagt wird, und der 
            Gipfel der Kommunikationstechnik ist nach wie vor das Telefon. Die 
            beschriebene Gesellschaftsform erinnert stark an Feudalismus. Man 
            hat den Eindruck, dass die Menschheit sich nicht nur nicht 
            weiterentwickelt, sondern sogar Rückschritte gemacht hat.  
            Das allgemeine Setting entspricht eher dem, was man 
            von einem Fantasyroman erwarten würde, allerdings fehlt die Magie 
            als typisches Fantasy-Element. Wissenschaftliche Bezüge, die in 
            meinen Augen das A und O von Science-Fiction ausmachen, sucht man 
            vergeblich. Kein wirklich enttäuschendes Buch, doch auch keines, das 
            meinen Erwartungen an einen Nebula-Gewinner gerecht wird.  |