Ulrich C. Schreiber

Die Flucht der Ameisen

Shayol 2006

Monikas Meinung

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Der Geologe Gerhard Böhm entdeckt bei Messungen in der Eifel und im Westerwald, dass sich auf geologischen Störungen in der Erdkruste ungewöhnlich viele Ameisenhaufen angesiedelt haben. Neugierig geworden, untersucht er diese genauer und stößt dabei auf weitere Störungen, die auf eine seismische Aktivität im Untergrund deuten.

Böhm beginnt, Daten zu sammeln, die ihn zu der Erkenntnis bringen, dass am Laacher See ein neuer Ausbruch kurz bevorsteht. Doch außer ihm mag niemand so recht an die drohende Katastrophe zu glauben. Es kommt, wie es kommen muss: Als im Rheintal ein neuer Vulkan entsteht und große Mengen von Lava produziert, die den Strom binnen kurzer Zeit verstopfen, kommt es in den nicht rechtzeitig evakuierten Städten zur Katastrophe. Eine Völkerwanderung ungekannten Ausmaßes setzt ein, Deutschland wird über Nacht zum Brennpunkt der ganzen Welt.

Ein Vulkanausbruch mitten in Deutschland? Dieses Szenario ist keineswegs so abwegig, wie es zunächst erscheinen mag. Die Eifel ist seit Jahrmillionen eine geologisch aktive Zone, die malerischen Eifelmaare, heute ein Magnet für Touristen, sind Kraterseen, die Überbleibsel vulkanischer Gasexplosionen. Der letzte große Ausbruch, durch den der Laacher See entstand, liegt gerade einmal zehntausend Jahre zurück, in geologischen Zeiträumen gemessen ein flüchtiger Augenblick. Vulkane "schlafen" zwischen zwei Ausbrüchen oft noch viel länger als dieser uns Menschen sehr lang erscheinende Zeitraum. Nachgewiesenermaßen ist die Region weiterhin aktiv, man hat unter der Eifel einen kleinen Plume entdeckt - einen senkrechten Strom heißen Materials, der aus dem Erdmantel zur Oberfläche steigt -, ähnlich wie in Hawaii, nur kleiner.

Der an der Universität Duisburg-Essen lehrende Geologieprofessor Ulrich Schreiber entwirft ein apokalyptisches Szenario, wie wir es hoffentlich niemals in der Realität erleben werden. Dass er sich dabei auf harte wissenschaftliche Fakten stützt, macht das Buch umso interessanter. Nicht ganz so gelungen ist dagegen der "menschliche" Teil der Geschichte, die Figuren wirken oft etwas flach, die Dialoge holprig, das ganze "Drumherum" leicht konstruiert, was die Spannungskurve an einigen Stellen abflachen lässt. In der ersten Hälfte hätten es für meinen Geschmack auch ein paar Druckfehler weniger sein können, glücklicherweise waren es jedoch nicht so viele, dass sie mir den Spaß an der Lektüre ernsthaft verdorben hätten.

Die Flucht der Ameisen ist Schreibers erster Roman. Trotz der oben erwähnten Schwächen, die vielleicht auch nicht jeder Leser in gleichem Maße gewichtet, ist das Buch in jeder Hinsicht empfehlenswert - eine originelle Idee, ein interessanter Schauplatz, handwerklich zwar nicht ganz perfekt, aber erfrischend abseits vom deutschen Mainstream, der sich üblicherweise auf den Bestsellerlisten tummelt. Wer z. B. die Romane von Bernhard Kegel gern gelesen hat, sollte Schreibers Geokalypse eine Chance geben.

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Zuletzt aktualisiert am: Sonntag, 15. April 2007

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