Der Geologe Gerhard Böhm entdeckt bei Messungen in
der Eifel und im Westerwald, dass sich auf geologischen Störungen in
der Erdkruste ungewöhnlich viele Ameisenhaufen angesiedelt haben.
Neugierig geworden, untersucht er diese genauer und stößt dabei auf
weitere Störungen, die auf eine seismische Aktivität im Untergrund
deuten.
Böhm beginnt, Daten zu sammeln, die ihn zu der
Erkenntnis bringen, dass am Laacher See ein neuer Ausbruch kurz
bevorsteht. Doch außer ihm mag niemand so recht an die drohende
Katastrophe zu glauben. Es kommt, wie es kommen muss: Als im
Rheintal ein neuer Vulkan entsteht und große Mengen von Lava
produziert, die den Strom binnen kurzer Zeit verstopfen, kommt es in
den nicht rechtzeitig evakuierten Städten zur Katastrophe. Eine
Völkerwanderung ungekannten Ausmaßes setzt ein, Deutschland wird
über Nacht zum Brennpunkt der ganzen Welt.
Ein Vulkanausbruch mitten in Deutschland? Dieses
Szenario ist keineswegs so abwegig, wie es zunächst erscheinen mag.
Die Eifel ist seit Jahrmillionen eine geologisch aktive Zone, die
malerischen Eifelmaare, heute ein Magnet für Touristen, sind
Kraterseen, die Überbleibsel vulkanischer Gasexplosionen. Der letzte
große Ausbruch, durch den der Laacher See entstand, liegt gerade
einmal zehntausend Jahre zurück, in geologischen Zeiträumen gemessen
ein flüchtiger Augenblick. Vulkane "schlafen" zwischen zwei
Ausbrüchen oft noch viel länger als dieser uns Menschen sehr lang
erscheinende Zeitraum. Nachgewiesenermaßen ist die Region weiterhin
aktiv, man hat unter der Eifel einen kleinen Plume entdeckt - einen
senkrechten Strom heißen Materials, der aus dem Erdmantel zur
Oberfläche steigt -, ähnlich wie in Hawaii, nur kleiner.
Der an der Universität Duisburg-Essen lehrende
Geologieprofessor Ulrich Schreiber entwirft ein apokalyptisches
Szenario, wie wir es hoffentlich niemals in der Realität erleben
werden. Dass er sich dabei auf harte wissenschaftliche Fakten
stützt, macht das Buch umso interessanter. Nicht ganz so gelungen
ist dagegen der "menschliche" Teil der Geschichte, die Figuren
wirken oft etwas flach, die Dialoge holprig, das ganze "Drumherum"
leicht konstruiert, was die Spannungskurve an einigen Stellen
abflachen lässt. In der ersten Hälfte hätten es für meinen Geschmack
auch ein paar Druckfehler weniger sein können, glücklicherweise
waren es jedoch nicht so viele, dass sie mir den Spaß an der Lektüre
ernsthaft verdorben hätten.
Die Flucht der Ameisen ist Schreibers erster
Roman. Trotz der oben erwähnten Schwächen, die vielleicht auch nicht
jeder Leser in gleichem Maße gewichtet, ist das Buch in jeder
Hinsicht empfehlenswert - eine originelle Idee, ein interessanter
Schauplatz, handwerklich zwar nicht ganz perfekt, aber erfrischend
abseits vom deutschen Mainstream, der sich üblicherweise auf den
Bestsellerlisten tummelt. Wer z. B. die Romane von
Bernhard Kegel gern gelesen hat,
sollte Schreibers Geokalypse eine Chance geben. |