Mary Doria RussellSperlingMonikas Meinung:
Im Jahre 2019 werden im Rahmen des SETI-Programms Signale vom Alpha Centauri-System empfangen, die sich als Musik entpuppen, genauer gesagt als Choräle von geradezu überirdischer Schönheit. Da diese Gesänge nur als Lobpreisung Gottes interpretiert werden können, ist es ausgerechnet die Gesellschaft Jesu, die eine Expedition zu unserem Nachbarstern ausrüstet. Die Gruppe besteht aus vier Jesuiten und vier zivilen Wissenschaftlern, die in einem ausgehöhlten Asteroiden, der für den interstellaren Raumflug umgerüstet wurde aufbrechen, um den ersten Kontakt zwischen der Menschheit und einer außerirdischen Intelligenz herzustellen. Während auf der Erde ca. 17 Jahre vergehen, erreicht die Stella Maris in nur acht Monaten Alpha Centauri und trifft dort schließlich auf einen Planeten innerhalb der Biosphäre des Sternsystems. Alles scheint zunächst nach Plan zu verlaufen, und die Bewohner von Rakhat bereiten den Fremden einen freundlichen Empfang. Aber wie so oft schon führt auch hier der Zusammenprall von völlig gegensätzlichen Kulturen schließlich zum Desaster. Dass die Expedition nach Rakhat in einem Fiasko endete, erfährt der Leser bereits auf den allerersten Seiten. Als einziger Überlebender der Gruppe ist Pater Emilio Sandoz als körperlich und seelisch zerrüttetes Wrack zur Erde zurückgekehrt. Seine Vorgesetzten haben es schwer, die Gründe für das Scheitern der Expedition zu erfahren, da er jeglichen menschlichen Kontakt scheut und über die Ereignisse auf Rakhat, die ihn tief gezeichnet haben, nicht reden will. In Rückblenden erfahren wir schließlich, wie und warum er als einziger zurück kam. Mary Doria Russell ist mit Sperling ein bemerkenswertes Buch gelungen. Selten findet man in einem Roman so sorgfältig ausgearbeitete Charaktere, umso mehr verwundert es , dass wir es hier mit einem Erstlingswerk zu tun haben. Im Mittelpunkt steht der Jesuitenpater Emilio Sandoz, eine liebevoll gezeichnete Figur mit allen Facetten eines wirklichen Menschen aus Fleisch und Blut. Aber auch die anderen Hauptakteure lernen wir in einer Weise kennen, die Sperling zu einem Buch machen, das man erstens nicht leicht vergisst und zweitens sicher irgendwann ein zweites Mal lesen wird, um all die Feinheiten und Nuancen zu genießen, die uns beim ersten Mal aufgrund der Spannung entgangen sind. Die Geschichte besteht aus zwei Zeitebenen, von denen die eine auf der Erde nach dem Scheitern der Expedition spielt, die andere hingegen beschreibt, wie es dazu kam. Diese unterschiedlichen Handlungsebenen werden zudem zum Aufbau der allgemeinen Spannung genutzt, da sie über die gesamten 650 Seiten hinweg alternieren. Wenn man gerade etwas mehr über Rakhat erfahren hat, wechselt die Szene und wir befinden uns wieder im Italien der Zukunft, wo Sandoz sich langsam von den schrecklichen Ereignissen erholt und beginnt, ins Leben zurückzufinden. Die Kultur auf Rakhat ist uns so fremd, wie eine außerirdische Zivilisation es nur sein kann, ohne jedoch auf "gängige" Klischees zurückzugreifen. Der Autorin ist es gelungen, die Fremden ebenso lebendig zu beschreiben wie die Menschen, auch wenn die Charaktere nicht ganz so ausgefeilt dargestellt werden wie Sandoz. Ihr Hintergrund als Anthropologin dürfte dazu beigetragen haben, die VaRakhati glaubhaft erscheinen zu lassen, ohne sie zu vermenschlichen. Fazit: Ein außergewöhnlicher erster Roman einer Autorin, von der wir hoffentlich noch mehr hören werden. Die bereits erschienene Fortsetzung Gottes Kinder, die die Geschichte der Jesuitenmissionen beschließt, lässt jedenfalls darauf hoffen, dass Mary Doria Russell uns nicht enttäuschen wird, auch wenn sie die Welt von Rakhat verlässt. Heyne, München, 2000
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Zuletzt aktualisiert am: Montag, 16. Mai 2005 Copyright 2000 Christina Gross & Monika Hübner |