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Matt Ridley

Eros und Evolution

Die Naturgeschichte der Sexualität

Helgas  Meinung:

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Sie kennen das mit Sicherheit: Ihr Computer wird zu lahm. Dann rüsten Sie auf und freuen sich über die nun ausreichenden Kapazitäten. Aber nur bis zur nächsten Programmversion...

Sie haben keine Chance. Von kurzfristigen Glücksmomenten abgesehen, kann man es schon fast als ehernes Gesetz ansehen, dass Prozessoren zu lahm sind und Speicherkapazität zu knapp ist. Egal, wie sehr Sie sich anstrengen.

Die Evolutionsbiologen nennen dieses würdelose Wettrüsten "Theorie der Roten Königin", daher auch der Originaltitel des Buches "The Red Queen".

Diese Theorie wird vom Autor bevorzugt und läuft letzten Endes darauf hinaus, dass sich seit Erscheinen der ersten Einzeller an den Evolutionsmechanismen nichts geändert hat. Zahlreiche Spezies müssen sich pausenlos neue Gags einfallen lassen, um mithalten zu können. Unter diesem ständigen Änderungszwang entstehen dann Egelartige Rädertierchen, Beifußhühner oder eben Menschen.

Was jedoch zwingt die meisten Arten, von so glücklichen Exemplaren wie Perlbooten oder Quastenflossern abgesehen, dazu, diesen Zirkus mitzumachen?

Bei weitem nicht nur die wechselnden Umweltbedingungen.

Die nun folgende Darstellung der verschiedenen Theorien und ihrer Vertreter wird in Form einer Diskussion geführt und legt ein furioses Tempo vor, das den Leser ganz schön fordert.

Auf höchst amüsante Weise und anhand einer Fülle von teilweise erstaunlichen Beispielen erfahren wir, welch starke Triebkraft Sex nach Ansicht der Rote-Königin-Theorie in diesem Spiel ist. Aber es ist nicht nur Sex, es ist auch die stete Unzufriedenheit des Weibes. Eine Pfauenhenne oder eine Elchkuh geben sich mit nichts weniger als dem prächtigsten Schwanz oder den größten Schaufeln zufrieden. Zwangsläufig. Aber eigentlich hätten sie gern noch mehr und setzen die armen Männer unter Druck, sich so aufzustraußen, dass es irgendwann absurd wird und auch Nachteile mit sich bringt. Aber egal, des Weibes Wille ist ihm Befehl.

Irgendwann sind wir dann beim Menschen, dessen Lebenssinn in biologischer Hinsicht darin besteht, seine Gene möglichst erfolgreich an die nächste Generation weiterzugeben. Dort ergeht sich der Autor milde ausgedrückt in sehr konservativen Gemeinplätzen.

Was will das Weib? Einen Mann mit Macht und Status, der sie in der schwierigen Aufgabe der Kinderaufzucht schützt und unterstützt. Und was will der Mann? Sich fortpflanzen. Möglichst oft und mit möglichst jungen und schönen Frauen.

Zwar duckt sich der Autor schon in Erwartung feministischer Prügel, aber er entschuldigt sich immer wieder, dass er nichts dafür könne, dass das Leben nun mal so wäre. Immerhin bleibt uns Frauen noch ein kleines Hintertürchen. Unsere Gene haben auch was davon, wenn sie mit denen möglichst vieler Männer vermischt werden. Aber wir müssen das heimlich tun, denn Männer übernehmen nur ungern die Verantwortung für untergeschobene Kuckuckseier.

Außerdem sind wir glücklicherweise nicht mehr so weit Tier, dass wir keinen freien Willen hätten. Nein, wir können uns den biologischen Gesetzen widersetzen und uns einfach gar nicht fortpflanzen. Oder uns mit einem biologisch ungünstigen Partner paaren. In diese Lage versetzt uns die Pointe dieser Theorie. Die sei hier nicht verraten.

Die Schlussfolgerung hört sich zwar verblüffend an und eröffnet völlig neue Aspekte, aber nach einigem Nachdenken finde ich sie nicht übermäßig schlüssig. Meine Fragen an den Autor wären z.B. warum der Mensch erst seit ca. 10.000 Jahren etwas davon hat. Wozu diesen Aufwand schon etliche hunderttausend Jahre eher treiben? Oder warum hat ein Jachtbesitzer üblicherweise mehr und jüngere Miezen in seinen Armen als ein Professor?

Na, sind Sie jetzt neugierig geworden?

Alles in allem ein lehrreiches Lesevergnügen, das noch Raum für eine intellektuelle Auseinandersetzung bietet. Feministinnen allerdings müssen viel Humor mitbringen.

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Zuletzt geändert: 17. März 2003