Stephen King: On Writing -- A Vom
Leben und vom Schreiben heißt dieses Buch in der deutschen
Übersetzung, und genau davon erzählt uns der Autor, wobei er sich im
Gegensatz zu seinen Romanen erstaunlich kurz fasst. Warum, erfährt
der Leser im zweiten Teil des Buches, der "Vom Schreiben" heißt. Im
ersten Teil erzählt King vom Leben, genauer gesagt von seinem Leben,
von allem, was darin einen Einfluss auf den Werdegang des
Schriftstellers hatte.
Der Teil "Vom Schreiben" unterscheidet sich von anderen Büchern
dieser Art, in denen zukünftigen Autoren vermittelt werden soll, wie
man schreibt und wie man gut schreibt. Davon erzählt Stephen King
zwar auch, doch es handelt sich dabei nicht um allgemein gehaltene
Tipps, sondern er erklärt darin, was er selbst unter "gutem
Schreiben" versteht. Seine Annäherung an die Kunst, Romane und
Kurzgeschichten zu schreiben, mag manchen Leser überraschen, doch in
seinem Fall funktioniert sie bekanntlich sehr gut. Die Tatsache,
dass er vorgibt, seine Muse sei männlich und brauche bisweilen einen
kräftigen Tritt, amüsiert und entmystifiziert den Vorgang des
Schreibens gewaltig. Auch Gabriel García Márquez hat einmal gesagt,
Schreiben zu zehn Prozent Inspiration und zu neunzig Prozent
Transpiration. Wer selbst schreiben möchte, sollte das niemals aus
den Augen verlieren. Alles in allem gehört dieses mit 300 Seiten
eher dünne Buch zum Besten, was King geschrieben hat.
Kornelia Helfmann: Abgetreten -- C+
Abgetreten gewann im Jahr 2004 den Brigitte-Romanpreis. Die
Geschichte ist nicht wirklich originell, sie erzählt den Lebensweg
einer jungen Frau, die wie so viele andere in ihrer Ehe keine
Erfüllung findet, aber den Absprung nicht schafft. Nach der ersten
Verliebtheit lässt die Aufmerksamkeit ihres Mannes zunehmend nach,
irgendwann reden sie überhaupt nicht mehr miteinander. Verständnis
findet Hilde lediglich bei ihrem Vater, helfen kann er ihr jedoch
nicht, aus ihrem selbst geschmiedeten Gefängnis auszubrechen. Nach
vielen Jahren des Leidens beschließen die Eheleute, einen neuen
Anfang zu machen, eine Reise nach Frankreich soll ihnen dabei
helfen. Ein Essen in einem Restaurant bildet den Rahmen für die
eigentliche Erzählung, in der der Leser erfährt, welche Ereignisse
die Protagonisten an diesen Ort geführt haben.
Die ziemlich banale Geschichte hat mir wider Erwarten recht gut
gefallen, nicht gefallen hat mir indessen der Stil der Autorin, die
endlosen Bandwurmsätze ohne Konjunktionen und die Dialoge ohne
Anführungszeichen. Ich fürchte, in dieser Hinsicht bin ich eine
furchtbar altmodische Leserin. Die Länge des Buches entspricht eher
einer Novelle als einem Roman und war gerade genug für eine Zugfahrt
von Aalen nach Karlsruhe. Viel mehr hätte die Handlung auch nicht
hergegeben.
J. K. Rowling: Harry Potter and the Goblet of Fire -- B
siehe ausführliche Kritik
Garth Nix: Sabriel -- B-
Sabriel ist die Tochter von Abhorsen, der ein Nekromant ist, doch
im Gegensatz zu seinen Zunftgenossen dafür sorgt, dass die Toten
bleiben, wo sie hingehören, nämlich im Totenreich hinter den neun
Pforten. Sabriel besucht ein Internat an der Grenze zum Alten Reich,
wo die Magie anders als in Ancelstierre noch zum Alltag gehört,
obwohl sie auch an ihrer Schule auf dem Lehrplan steht. In ihrem
letzten Schuljahr erscheint eines Tages ein Bote, der ihr die
Glocken und das Schwert ihres Vaters bringt, ein Hinweis, dass
Abhorsen tot ist. In der Hoffnung, er hätte die letzte Pforte
vielleicht noch nicht passiert, macht Sabriel sich auf, um ihren
Vater zu suchen.
Sabriel ist der erste Teil einer Trilogie, steht jedoch relativ
gut für sich allein. Garth Nix hat eine recht komplexe Fantasywelt
erschaffen, was für das Buch spricht. Gestört haben mich die
manchmal exzessiven Beschreibungen; da Sabriel auf ihrer Suche nach
ihrem Vater meist allein unterwegs ist, gibt es wenig Dialoge, was
ich auf Dauer etwas ermüdend fand. Den zweiten Band der Trilogie
werde ich aber trotzdem lesen und dann entscheiden, ob Teil 3 mich
noch interessiert.
Andreas Eschbach:
Exponentialdrift -- B
Dieses Buch entstand aus einem Experiment, das vor ein paar
Jahren bei der FAZ lief: ein Fortsetzungsroman in der Tradition von
Charles Dickens, jede Woche eine neue Folge, die kurz vorher
geschrieben wurde, um Bezug auf aktuelle Ereignisse nehmen zu
können. Nicht einmal der Autor selbst wusste am Anfang, wohin die
Geschichte führen würde.
Ein Mann erwacht nach mehreren Jahren aus dem Koma, direkt vor
den Augen von Journalisten, die eigentlich einen Artikel über
hoffnungslose Fälle und die damit verbundene unermessliche
Verschwendung im Gesundheitswesen schreiben wollten. Seine Frau, die
sich inzwischen ein Leben ohne ihn aufgebaut und einen festen Freund
hat, kann es ebenfalls nicht fassen. Zu allem Überfluss hält ihr
Mann sich für einen Außerirdischen, der in den Körper eines Menschen
geschlüpft ist.
An Exponentialdrift hat mich vor allem das Experiment
interessiert, das Andreas Eschbach am Schluss in einem Making of
erläutert. Man macht sich zunächst überhaupt keine Gedanken darüber,
welche Herausforderungen damit verbunden sind, jede Woche eine neue
Folge zu schreiben, die eine bestimmte Länge nicht überschreiten
darf und die Geschichte jeweils einen Schritt weiterbringen muss.
Die Resonanz war jedoch nicht groß genug, um das Experiment länger
auszudehnen, der Autor musste leider die Auflösung in stark
gekürzter Form zusammenfassen, was die Qualität des Romans etwas
mindert.
Hörbücher:
Franz Kafka: Die Verwandlung -- B+
Ungekürzte Lesung von Rainer Maria Ehrhardt
An Kafka habe ich aus meiner Jugendzeit nur schlechte
Erinnerungen. Ich erinnere mich, dass ich mir mit dreizehn oder
vierzehn im Jugendabo des Theaters "Im Räderwerk" ansehen musste und
nicht verstanden habe, während diverse Klassenkameraden danach
pseudointellektuelle Diskussionen führten. Seither habe ich
zugegebenermaßen einen großen Bogen um diesen Autor gemacht.
Das Hörbuch Die Verwandlung habe ich auf der DVD gefunden, die
der Augustausgabe des PC Magazins beilag, und musste zumindest
einmal hineinhören. Ich war sehr überrascht, wie gut mir die
Geschichte von Gregor gefiel, der eines Morgens beim Aufwachen
feststellt, dass etwas Seltsames mit ihm vorgeht. Rainer Maria
Ehrhardts Vortrag ist professionell, es ist angenehm, ihm zuzuhören,
sodass ich dieses Hörbuch sicher nicht zum letzten Mal gehört habe. |