Peg Kerr
The Wild Swans
Warner Books, New York, 1999
ISBN: 0-446-67366-8
Monikas Meinung:
Wenn man sich nicht entscheiden kann, welche Geschichte man erzählen
soll, kann man entweder zwei Bücher schreiben oder aber die beiden
Geschichten miteinander verknüpfen und zwei zunächst völlig getrennt
erscheinende Handlungsstränge entwickeln, die sich an verschiedenen
Punkten berühren. Peg Kerr hat sich mit The Wild Swans für
letzteres entschieden und erzählt ihre beiden Geschichten abwechselnd,
jeweils ein Kapitel der einen und danach ein Kapitel der anderen. Das
kann man mögen oder nicht mögen, wer sich durch den Wechsel aus der
Geschichte herauskatapultiert fühlt, der sei hiermit gewarnt. Mich hat
es nicht gestört.
Die erste der beiden Geschichten ist im Jahre 1689 angesiedelt und
erzählt Hans Christian Andersens Märchen von den wilden Schwänen
nach. Die junge Eliza, Tochter des Earl von Exeter, wird von ihrer
bösen Stiefmutter aus dem Hause ihres Vaters verbannt und macht sich
auf die Suche nach ihren elf Brüdern. Diese wurden von der Stiefmutter
mit einem Fluch belegt, so dass sie sich tagsüber in Schwäne
verwandeln und bei Einbruch der Dunkelheit wieder ihre menschliche
Gestalt annehmen. Um den Zauber zu brechen, muss Eliza jedem ein Hemd
aus Brennesseln weben, mit bloßen Händen und unter striktem
Sprechverbot.
Im Jahre 1981 treffen sich Elias und Sean, zwei homosexuelle junge
Männer. Elias wurde von seinem Vater vor die Tür gesetzt, als dieser
von Elias' "Abnormalität" erfuhr und findet bei Sean nicht
nur Unterschlupf, sondern auch die Liebe seines Lebens. Sean führt ihn
ins Milieu der Homosexuellen ein, in dem Elias sich jedoch nie wirklich
zu Hause fühlt, vor allem da Seans Freunde ihre Partner zu wechseln
scheinen wie ihre Hemden. Als die ersten AIDS-Fälle auftauchen, stellt
keiner von beiden gleich den Zusammenhang her, aber die Angst vor der
neuen Seuche legt sich wie ein Schatten über den Alltag der Freunde.
Zwei Geschichten, zwei Flüche, die auf den ersten Blick nichts
miteinander gemein zu haben scheinen. Und doch scheinen das Märchen und
die Realität des 20. Jahrhunderts nicht so weit voneinander entfernt zu
sein, wie man es als Leser zunächst empfinden mag. Zweimal wird hier
erzählt, wie Menschen versuchen, mit dem Unausweichlichen umzugehen. Um
die Parallelen in den beiden Geschichten zu sehen, sollte man beim Lesen
sorgfältig auf Details achten. Eine der Stärken des Buches sind die
lebendigen Charaktere, die es fast unmöglich machen, als unbeteiligter
Beobachter über dem Geschehen zu stehen. Peg Kerr hat einen
ungewöhnlichen Mix aus Fantasy, Märchen und Realität geschaffen, der
diesem Buch seinen außergewöhnlichen Charme verleiht. Sicher kein Buch
für jeden Geschmack, aber mich hat es vom ersten Moment an in seinen
Bann gezogen. |
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Monika Hübner
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