Barbara Honigmann
Soharas Reise
Christinas Meinung:
Die arabische Jüdin Sohara lebt mit ihren sechs Kindern in Straßburg.
Ihr Mann Simon, ein Jude aus Marakesch, der sich selbst Rabbiner nennt, zieht um die Welt,
um angeblich Geld für jüdische Gemeinden in aller Welt zu sammeln. Um seine Familie
kümmert er sich nicht, und er sieht Frau und Kinder auch nur ab und zu auf dem Bahnhof
von Kehl für ein paar Stunden. Auch als er eines Tages anruft und ankündigt, mit ihr und
den Kindern in die Ferien fahren zu wollen, packt sie ohne zu zögern ein paar Sachen
zusammen und fährt mit den Kindern nach Kehl. Während sie noch einmal zurückfährt nach
Straßburg, um eine vergessene Tasche zu holen, verschwindet Simon mitsamt den Kindern.
Barbara Honigmann, die selbst als assimilierte Jüdin in Ost-Deutschland
gelebt hat und dann nach Frankreich kam, schickt die Leser mit Sohara auf eine Reise. Sie
beginnt in Algerien. Von dort zerstreut sich Soharas Familie in alle Welt, als die Juden
das Land nach der Entkolonialisierung verlassen. Sohara geht mit Mutter und Schwester nach
Frankreich. Dort zieht sie später mit ihrem Mann und der wachsenden Kinderschar von Stadt
zu Stadt. Die Leser sehen ihr dabei über die Schulter und lernen das jüdische Leben in
Frankreich kennen, die Unterschiede zwischen europäischen und orientalischen Juden und
das Gefühl der Entwurzelung, das Sohara besonders stark empfindet, die sich nur bei ihren
Kindern zu Hause fühlt. In ihrer Not erfährt Sohara aber auch Unterstützung von ihrer
Nachbarin Frau Kahn, einer Überlebenden des Holocaust, die aus Mannheim stammt, und der
jüdischen Gemeinde, die sich als weltumspannend erweist. Leider ist der Blick durch
Soharas Augen auch manchmal etwas einschränkend. Ich hätte gern erfahren, was hinter der
Entführung der Kinder steckt und was schließlich aus Simon wird, aber Sohara scheint das
nicht mehr zu interessieren, also kommt es nicht mehr zur Sprache. Dennoch war das Buch
ein faszinierender Blick auf eine für mich fremde Kultur in all ihrer Vielfalt.
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