Petra HammesfahrDer PuppengräberChristinas Meinung:
Ben ist groß und stark wie ein Bär, hat aber den Verstand eines Kleinkindes. Die meisten Menschen in seinem Heimatdorf begegnen ihm mit Misstrauen. Seine Eltern Trude und Jakob Schlösser bändigen ihn mühsam mit Schlägen und Belohnungen, haben aber keinen Zugang zu seiner Welt. Als mehrere blonde junge Mädchen in der Umgebung des Dorfes spurlos verschwinden, fällt es selbst Trude immer schwerer, an Bens Sanftmütigkeit zu glauben, trotzdem verbrennt sie immer wieder die Trophäen, die er nach Hause bringt, im Küchenherd. Bens Geschichte wird von Kommissarin Brigitte Halinger im nüchternen und sachlichen Ton eines Polizeiberichts erzählt. Dabei kommt die Polizei nur am Rande vor, da es lange Zeit niemand für nötig hält, die Behörden einzuschalten. Bei ihren geschickt montierten Rückblenden, die weit in die Vergangenheit zurückreichen, gelingt es Petra Hammesfahr, einen Fall zu präsentieren, der von Anfang an klar zu sein scheint. Dennoch zieht der Leser immer wieder in Zweifel, was er zu wissen glaubt. Um im Gewirr der handelnden Personen nicht den Überblick zu verlieren, braucht man manchmal schon das Verzeichnis am Anfang des Buches. Auch wenn es einen Täter im herkömmlichen Sinne gibt, ist doch irgendwie das ganze Dorf in die Vorkommnisse verwickelt. Bei der Beschreibung des Dorfes und seiner Bewohner räumt die Autorin gründlich auf mit den Vorstellungen vom ländlichen Idyll. Trotzdem sind ihre Figuren nicht überzeichnet. Jeder dürfte wohl Leute kennen wie den Schwerenöter Bruno Kleu, die bösartige Klatschbase Thea Kreßmann oder den pompösen Apotheker Erich Jensen, der sich gern überall einmischt, ohne je zu helfen. In dieser Atmosphäre kann Ben in relativer Freiheit aufwachsen, aber wenn ein Sündenbock gesucht wird, sind seine Nachbarn nur allzu gern bereit, mit dem Finger auf ihn zu zeigen. Denn schließlich spricht alles gegen ihn. Oder etwa doch nicht? DER PUPPENGRÄBER bleibt bis zur letzten Seite spannend. Ein fabelhaft konstruierter psychologischer Thriller. |
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Zuletzt aktualisiert am: Montag, 17. März 2003 Copyright 2000 Christina Gross & Monika Hübner |