John Grisham

Die Jury

A Time To Kill

Heyne Taschenbuch, München 1994

Monikas Meinung

Monikas Symbol

In einer kleinen Stadt in den Südstaaten wird die zehnjährige Tonya Hailey von zwei Betrunkenen brutal misshandelt und vergewaltigt. Die Schuldigen werden bald gefasst, im Gerichtsgebäude kommt es dann zu einem weiteren Drama: Der Vater des Mädchens erschießt die Vergewaltiger und verletzt versehentlich auch einen Polizeibeamten schwer. Normalerweise wären die Sympathien der als Geschworene berufenen Einwohner des Bezirks klar auf der Seite des Vaters des Vergewaltigungsopfers, aber leider hat die Sache einen kleinen Schönheitsfehler: Carl Lee Hailey hat die falsche Hautfarbe. Die Geschworenen sind parteiisch und können sich nicht recht entscheiden, ob ein Mann mit schwarzer Hautfarbe genauso wie einer mit weißer Hautfarbe behandelt werden sollte. Der mit dem Fall betraute junge Anwalt Jake Brigance hat einen schweren Stand, alles spricht dafür, dass seine Karriere beendet sein wird, noch bevor sie begonnen hat, wenn er diesen Fall verliert...

Die Jury war nach Die Firma, Die Kammer und Der Regenmacher, die mir alle mehr oder weniger gut gefallen hatten, mein vierter Grisham. So wie es aussieht, wird dieses Buch auch mein letzter Grisham sein, da mir die Lust auf die Lektüre weiterer Werke dieses Autors vorerst ziemlich vergangen ist. Vielleicht nutzt sich das Thema "Gerichtsdrama" auch schneller ab als andere, wenn man erst einmal ein paar davon gelesen hat, aber Die Jury konnte meine Aufmerksamkeit nicht dauerhaft fesseln. Vielleicht ist es auch das immer gleiche oder zumindest ähnliche "Strickmuster", das ziemlich bald den Eindruck vermittelt, wenn man ein Buch von Grisham gelesen hat, hat man sie im Grunde alle gelesen. Im Mittelpunkt steht immer ein besonders junger, besonders dynamischer Anwalt, der mit allen Problemen des Berufsanfängertums zu kämpfen hat. Lediglich der jeweilige Fall variiert, aber das scheint den meisten Lesern bereits genug Anreiz zu sein, um zu weiteren Werken dieses Autors zu greifen.

Die gut 600 Seiten der Jury bieten zwar immer wieder einmal einen Höhepunkt, aber dazwischen dümpelt die Handlung vor sich hin und ist so prickelnd wie eine Folge von Kommissar Derrick. Wer Südstaatenklischees liebt, wird hier bestens bedient werden, auch der Ku-Klux-Klan hat seinen großen Auftritt. Die Charaktere bleiben buchstäblich farblos, lediglich der Angeklagte hat etwas mehr Profil. Der junge Anwalt ist so politisch korrekt, dass einem fast übel davon werden könnte; solange seine Frau in der Nähe ist, mimt er den perfekten Familienvater, sobald sie die Stadt verlässt, hat er nichts Besseres zu tun, als in die schlimmsten Gewohnheiten seiner Studententage zurückzufallen. Fast wünscht man ihm, er möge den Prozess verlieren, auch wenn das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit wäre. Alle Sympathien des Lesers konzentrieren sich allein auf den Angeklagten.

Eigentlich erstaunlich, dass es sich bei Grisham um einen der meistverkauften (und auch -gelesenen?) Autoren der letzten Jahre handelt. Man fragt sich, wer mehr als drei oder vier Bücher von ihm liest und noch immer begeistert ist - ein unergründliches Rätsel, an dem vielleicht sogar Sherlock Holmes verzweifelt wäre.

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Zuletzt aktualisiert am: Sonntag, 13. August 2006

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