In dem malerischen Städtchen Guernon in der Nähe von Grenoble wird die grässlich
verstümmelte Leiche des Bibliothekars der kleinen Universität gefunden, im
südwestfranzösischen Sarzac wird in eine Schule und in das Grab eines vor zehn Jahren
gestorbenen kleinen Jungen eingebrochen. Die drei Fälle scheinen nicht das Geringste
miteinander zu tun zu haben, aber die Spur führt die Polizei von Sarzac schließlich nach
Guernon, wo in der Zwischenzeit zwei weitere Morde geschehen sind.
Zuständig für die Fälle in Sarzac ist Karim Abdouf, der arabische Polizist aus
Paris, der seine Versetzung in die tiefste französische Provinz noch immer nicht ganz
verkraftet hat. Er hat seine eigenen Ermittlungsmethoden, die zwar nicht immer ganz legal,
aber dafür recht effektiv sind. Seine kriminelle Vergangenheit als Autoknacker in der
Metropole Paris ist ihm auch diesmal von Nutzen. Auch der Kollege, der ihn in Guernon
erwartet, ist nicht unbedingt das, was man sich unter der Polizei als dein Freund und
Helfer im Allgemeinen vorstellt. Er hat, kurz bevor er nach Guernon abgeordnet
wurde, einen
britischen Hooligan krankenhausreif geschlagen, was ihm nicht gerade die Sympathie der
Öffentlichkeit eingetragen hat. Die Ermittlung im Fall der Morde von Guernon kommt gerade
recht, um in der Hauptstadt Gras über diese Affäre wachsen zu lassen. Ebenso wie Karim
steht er zunächst vor einem Rätsel: Was haben die drei Mordopfer, ein Bibliothekar, ein
halber Analphabet und ein Augenarzt gemeinsam? Für die Einbrüche in Sarzac scheint
ebenfalls jedes Motiv zu fehlen, verschwanden doch jedes Mal nur ein paar uninteressante
Fotos wie z.B. die Klassenfotos aus den Jahren 1981 und 1982...
Die purpurnen Flüsse ist ein Titel, der den Leser nicht gerade von Anfang
an auf die richtige Spur bringt. Eigentlich konnte ich mir zunächst rein gar nichts
darunter vorstellen, allerdings bin ich auch nicht gerade eine Weltmeisterin im
Rätselraten. Grangés Krimi ist nämlich eines jener Bücher, bei dem man ganz
offensichtlich aufgefordert wird mitzuraten, die Auflösung wird erst im letzten Kapitel
präsentiert. Wobei wir auch schon beim Schwachpunkt des Buches wären: So spannend die
Lektüre ist, der Schluss erscheint letztendlich doch arg konstruiert, so als hätte der
Autor nach 400 Seiten endlich zu einem Ende finden müssen. Eigentlich schade, denn der
Rest ist absolut kein Durchschnittskrimi, bei dem man die nächste Wende in der Handlung
schon Seiten vorher erahnt. Die zunächst verwirrend erscheinenden Handlungsstränge
laufen schließlich zu einem Knoten zusammen, der keine Fragen offen lässt. Die Spannung
wird von Anfang an kontinuierlich aufgebaut und löst sich in einem Showdown, der kaum zu
wünschen übrig ließe, wenn die Auflösung nicht so hanebüchen erscheinen würde.
Reizvoll sind die Schauplätze der Handlung: Die kleine Stadt Guernon mit ihrer
malerischen Umgebung und das Städtchen Sarzac im "unterentwickelten" Südwesten
Frankreichs, beide Sinnbild für französische Kleinbürgerlichkeit. Umso größer ist der
Kontrast zu den beiden Polizeibeamten aus der Hauptstadt, die mit ihren unkonventionellen
Methoden nicht überall auf Gegenliebe stoßen. Die Atmosphäre ist dicht, wenn auch
anders als bei einer Pariser Geschichte, was dem Buch seinen besonderen Charme verleiht.
Trotz der erwähnten Schwächen ist es empfehlenswert und dürfte so manchem eine
schlaflose Nacht bereiten, da man es nur schwer aus der Hand legen kann.
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