Der britische Astrophysiker John Gribbin, der vor allem durch Bücher wie "Ein
Universum nach Maß", "Auf der Suche nach Schrödingers Katze" oder
"Unsere Sonne - Ein rätselhafter Stern?" vielen Lesern weltweit ein Begriff
sein dürfte, hat zusammen mit seiner Frau Mary einige Bücher verfasst, die weniger
"technisch" sind und ein etwas anderes Themenspektrum abdecken. Genannt seien
hier die äußerst informativen (und unterhaltsamen) "Ein Prozent Vorteil - Wie wenig
uns vom Affen trennt" und "Kinder der Eiszeit - Beeinflusst das Klima die
Evolution des Menschen?".
In Fire on Earth wird die Thematik von Kinder der Eiszeit
etwas
ausgeweitet, und der Untertitel "Doomsday, Dinosaurs and Humankind" liefert den
ersten Anhaltspunkt dafür, worum es diesmal geht, nämlich um die Auswirkungen, die
Einschläge von Kometen und Asteroiden auf das Leben auf der Erde, speziell auf die
moderne Menschheit, haben könnten. Die Aufbereitung des Themas ist ebenso gut
gelungen wie
in den beiden oben genannten Büchern: Beginnend mit einer allgemeinen Einführung in die
Thematik stellen die Autoren in den folgenden Kapiteln ihre eigenen Theorien vor, in die
auch die Erkenntnisse, die man durch den Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf dem
Jupiter im Jahre 1994 gewonnen hat, eingeflossen sind.
Die Theorie, dass das Verschwinden der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit vor 65
Millionen Jahren auf den Einschlag eines riesigen Asteroiden im Golf von Mexiko
zurückzuführen ist, wird in der Fachwelt seit Jahren heiß diskutiert, genauer gesagt
seit im Jahre 1980 der Nobelpreisträger Luis Alvarez zusammen mit seinem Sohn Walter
einen Artikel zu diesem Thema in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift SCIENCE
veröffentlicht hat. Ihre Annahme stützte sich damals auf die Tatsache, dass
in der
Grenzschicht zwischen Kreidezeit und Tertiär hohe Anteile von Iridium enthalten sind,
einem Element, das auf der Erde sehr selten vorkommt, in Asteroiden und Kometen aber in
weitaus größeren Mengen. Damals fehlte den Autoren zur weiteren
Untermauerung ihrer These ein "passender" Krater, der erstens groß genug war,
um von einem kosmischen Objekt der beschriebenen Größe herzurühren und der zweitens das
richtige Alter aufwies. Die meisten ihrer Fachkollegen waren nicht bereit, an ein solches
Ereignis zu glauben, sofern man ihnen nicht die "smoking gun", den buchstäblich
rauchenden Colt, präsentierte.
Wer sich für die Geschichte dieser Erstveröffentlichung
interessiert, dem sei David Raups Buch "Der Untergang der Dinosaurier"
("Der schwarze Stern", "The Nemesis Affair") empfohlen, in dem er
äußerst kurzweilig über diese Episode in der Wissenschaftsgeschichte berichtet. Mit der
Entdeckung des Chicxulub-Kraters vor der Küste von Yucatan sind manche der
Kritikerstimmen verstummt, und die Möglichkeit, dass ein solches Ereignis tatsächlich
stattgefunden hat, wird nun von vielen Wissenschaftlern ernsthaft in Betracht gezogen, die
sich weiterhin fragen, welche Auswirkungen es hätte, würde es die Menschheit treffen.
Einer der interessantesten Aspekte im Buch der Gribbins ist dabei die Frage nach der
Entstehung der Eiszeiten, deren Ursachen auch heute noch nicht völlig verstanden werden.
Nachdem die Kreidezeit und ein großer Teil des Tertiärs von einem warmen bis gemäßigten
Klima ohne Eis auf den Polkappen geprägt waren, setzte vor ca. 2 Millionen Jahren mit
Beginn des Pleistozäns ein kontinuierlicher Temperaturrückgang ein, der in der letzten
Eiszeit vor ca. 18000 Jahren gipfelte. Dazwischen gab es immer wieder lange Perioden sogenannter
Interglaziale, während denen das Klima in etwa heutigen Verhältnissen entsprochen haben
dürfte oder sogar etwas wärmer war. Wer es nicht wissen sollte: Auch wir leben seit ca.
10000 Jahren in einem Interglazial, denn es gibt keine stichhaltigen Gründe dafür, das
Holozän vom Pleistozän abzugrenzen, das nach Meinung vieler Experten noch nicht zu
Ende
ist. Die Einteilung der geologischen Zeitskala erfolgte bekanntlich anhand einschneidender
Ereignisse, meistens durch Aussterbeszenarien, die die Grenzen zwischen den einzelnen
geologischen Zeitaltern markieren. Am Ende der letzten Eiszeit hat jedoch nichts
derartiges stattgefunden, denn das Verschwinden von Säbelzahnkatze, Mammut oder
Wollnashorn (um nur einige Bespiele zu nennen) ist eher dem sogenannten
"Hintergrundaussterben" zuzuordnen, wobei allerdings auch dieser
Punkt heiß umstritten ist und die Expertenmeinungen darüber weit
auseinandergehen.
Eine Theorie, die die Entstehung der Eiszeiten erklären soll, sind die
Milankovitch-Zyklen, die sich auf die Präzession der Erdachse auf ihrer Bahn um die Sonne
berufen. Die Gribbins stellen nun die These auf, dass ein weiterer Faktor vielleicht das
Auseinanderbrechen eines riesigen Kometen im inneren Sonnensystem gewesen sein könnte,
was sich z. B. auch mit den Legenden vieler Völker auf der ganzen Welt über
Flutkatastrophen, Brände oder "Jahre ohne Sommer" deckt. Ein interessanter
Aspekt, der zumindest einige Denkanstöße liefert.
Stoff zum Nachdenken liefert das Buch auch sonst genug, es ist außerdem verständlich
geschrieben und für jeden lesbar. Kenntnisse in Astrophysik sind nicht erforderlich. Am
Ende jedes Kapitels ist eine Liste mit weiterführender Literatur zu finden, auch ein
Gesamtindex am Schluss ist vorhanden.
Fazit: Ein fesselndes Sachbuch, bei dessen Lektüre man den Lapsus im ersten Kapitel,
Mosasaurier und andere schwimmende Reptilien der Kreidezeit als Dinosaurier zu bezeichnen,
schnell vergisst.
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