Neil Gaiman

Coraline

Coraline - gefangen hinter dem Spiegel

Harper Trophy 2003
Deutsch: Arena Verlag 2003

Diese Kritik bezieht sich auf das amerikanische Original.

Monikas Meinung

Monikas Symbol Monikas SymbolMonikas Symbol

Coraline langweilt sich in Sommerferien, da ihre Eltern kaum Zeit für sie haben. Sie arbeiten zwar beide zu Hause, doch das heißt nicht, dass sie mehr Zeit mit ihrer Tochter verbringen könnten als normale berufstätige Eltern. Die Familie ist kürzlich in eine neue Wohnung in einem großen alten Haus umgezogen, und an einem verregneten Sommertag schickt Coralines Mutter ihre gelangweilte Tochter auf "Forschungsreise" durchs Haus. Sie soll unter anderem alle Türen zählen. Eine davon ist verschlossen; es ist die Tür am Ende des Salons, in dem die Familie die Möbel der Großmutter aufbewahrt und den Coraline eigentlich gar nicht betreten darf. Als ihre Mutter die Tür aufschließt, kommt dahinter eine Ziegelmauer zum Vorschein, die den einst dort vorhandenen Durchgang zur Wohnung auf der anderen Seite des Hauses verbarrikadiert, die noch nicht vermietet ist und leer steht. Als Coraline die Tür später erneut öffnet, ist sie jedoch nicht zugemauert; dahinter befindet sich vielmehr ein Gang, der in eine Art Spiegelwelt führt, in ein Haus, in dem Coralines andere Eltern und andere Nachbarn wohnen...

Das alles klingt zunächst mal nach Alice im Wunderland beziehungsweise Alice hinter den Spiegeln, allerdings hat Neil Gaiman seine "Spiegelwelt" keineswegs ausschließlich mit sympathischen, wenn auch verrückten Figuren bevölkert. Verrückt sind einige von ihnen durchaus, aber nicht unbedingt auf harmlose Art. Coraline merkt sehr schnell, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht, und sie ist sich auch sehr bewusst, dass sie sich nicht in einem Traum befindet. Bei ihren Bemühungen, sich aus den Klauen ihrer anderen Mutter zu befreien, die auf den ersten Blick ein bisschen an die böse Hexe mit dem Knusperhäuschen erinnert, die die Kinder mit Versprechungen und Süßigkeiten zu sich lockt, kommt Coraline einem dunklen Geheimnis auf die Spur.

Ich weiß nicht, wie sehr ich mich bei dieser Geschichte gegruselt hätte, wenn ich sie tatsächlich als Achtjährige gelesen hätte (das Buch ist ab 8 Jahre). Vermutlich weniger, als ich heute vermute, schließlich sind die Märchen der Gebrüder Grimm auch nicht ganz ohne. Viele Kinder lesen so etwas sicher mit Begeisterung. Und Alice im Wunderland gehörte definitiv zu meinen Lieblingsbüchern. Aber im Gegensatz zu Lewis Carroll versucht Neil Gaiman gar nicht erst, uns vorzugaukeln, Coraline sei unversehens in eine Welt hineingestolpert, in der zwar manches auf dem Kopf steht, die aber trotzdem ihre Vorteile hat. Dass Letztere reine Makulatur sind, wird nur zu schnell klar. Alice erwacht am Ende schlicht und ergreifend aus einem Traum, Coraline hingegen muss sich den Weg zurück in die reale Welt schwer erkämpfen. Sie tut es mit Bravour und Geschick. Etwas gestört hat mich allerdings, dass die Motive ihrer anderen Mutter im Dunkeln blieben, aber vermutlich braucht das Böse in der Welt letztendlich kein Motiv.

Coraline ist mein erstes Buch von Neil Gaiman und hat mich nun endgültig neugierig auf seine Fantasy für Erwachsene gemacht.

Home

Filmkritiken

Buchkritiken

Titel

Autoren

Themen

Gastkritiken

Bewertung

Über Christina

Über Helga

Über Monika

Links

 

E-mail
Kommentare? Anregungen?
Schreibt uns:

Monika

Zuletzt aktualisiert am: Montag, 31. Juli 2006

Copyright 2003 Gesehen & Gelesen

Impressum