Tate Collier hat die Staatsanwaltsrobe an den Nagel gehängt und sich
auf das Verfassen von Testamenten verlegt, wenn er nicht gerade seine
Farm in Virginia bewirtschaftet. Auch seine Ex-Frau Bett McCall und
seine 17-jährige Tochter Megan hat er hinter sich gelassen. Als Megan
jedoch von dem psychopathischen Psychiater Aaron Matthews entführt
wird, muss er sich mit Bett zusammentun und seine rhetorischen Gaben an
einem ebenbürtigen Gegner messen, der ihm immer einen Schritt voraus
ist.
Die Geschichte, die Jeffery Deaver, Autor der Lincoln-Rhyme-Serie,
hier erzählt, ist ja eigentlich ganz spannend. Nicht besonders
originell, aber sie hätte schon das Potenzial, den Leser wach zu halten,
bis er endlich am Schluss angekommen wäre, wenn sie nur ein bisschen
Atmosphäre und Subtilität besessen hätte.
Ein Superschurke verpufft irgendwie wirkungslos, wenn Held und Heldin
und sämtliche Nebenfiguren, die die Kräfte mit ihm messen, so
ungeheuer schwer von Begriff sind. Dem "genialen" Matthews
gelang es viel zu leicht, alle zu manipulieren. Ich hatte trotz Grippe
keine Probleme, seine Winkelzüge vorauszusehen, aber seine Gegner sind
ihm dennoch jedes Mal auf den Leim gegangen.
Die einzige ansatzweise sympathische und interessante Figur war der
verzogene Teenager-Fratz Megan, und das ist in meinen Augen ein
Armutszeugnis.
Darüber hinaus hatte Deaver eine bedauernswerte Neigung, ohne
ersichtlichen Grund auf den Ekelknopf zu drücken und z. B. Wunden
wesentlich ausführlicher zu beschreiben, als eigentlich erforderlich
gewesen wäre. Ich habe nichts gegen forensische Details, aber nur da,
wo sie hingehören, und nicht auf diese sensationsheischende Art.
Bisher hat mich dieser Bestseller-Autor nicht besonders beeindruckt,
aber ich bin durchaus bereit, es auch noch mit seiner Serie zu
versuchen. |