Karen Duve

Regenroman

List Taschenbuch, 2001

Monikas Meinung

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Der Schriftsteller Leon Ulbricht und seine frischangetraute Gattin Martina beschließen, sich ein Häuschen auf dem Lande zu kaufen, damit Leon die nötige Ruhe zum Schreiben hat, die ihm in Hamburg fehlt. Und wo findet man in Deutschland noch ursprüngliche ländliche Idyllen, wenn nicht in den so genannten neuen Bundesländern? Schon die Fahrt dorthin gerät zum Abenteuer, in deren Verlauf das Pärchen an einem Fluss eine unheimliche Entdeckung macht. Auch mit den meteorologischen Gegebenheiten dieser Gegend werden sie sofort konfrontiert, es regnet nämlich ohne Unterlass. Der Dauerregen wird ihnen im neuen Heim schwer zu schaffen machen, doch das wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Das Haus, das zu besichtigen sie gekommen sind, wird zur Liebe auf den ersten Blick: Einsam im Moor gelegen, wenn auch etwas baufällig, aber nichts, was sich nicht mit etwas Geschick reparieren ließe. Meinen sie. Doch die scheinbar romantische Idylle wird nach dem Einzug immer mehr zum Alptraum, das Haus scheint seine neuen Besitzer zu hassen (wenn Häuser hassen könnten) und weigert sich standhaft, sich vom Haus zum Heim zu wandeln. Die Ehe wird auf eine harte Probe gestellt, langsam fängt sie an zu bröckeln wie die feuchten Wände, und man erahnt schon sehr bald, dass diese Geschichte kein gutes Ende nehmen kann.

Karen Duves Erstlingswerk wurde nach Erscheinen von den Kritikern gefeiert, was mich eigentlich eher hätte misstrauisch machen müssen. Doch dieses Buch erregte aus irgendeinem Grund meine Neugier, und die Geschichte zog mich auch zunächst unwiderstehlich in ihren Bann. Das erste Drittel war auf einer Bahnfahrt schnell gelesen, doch schon zu diesem frühen Zeitpunkt war ich hin- und hergerissen zwischen Faszination und Ekel. Die beiden Hauptfiguren gehören wohl zu den unsympathischsten Gestalten, die mir seit langem in irgendeinem Buch begegnet sind, wenn man von potenziellen Verbrechern, Folterknechten und ähnlichen unerfreulichen Gestalten einmal absieht. Ich muss mich nicht unbedingt mit den Personen identifizieren, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, doch sie sollten zumindest in irgendeiner Weise sympathisch sein, um mein Interesse an ihrem Schicksal zu wecken.

Dass Leon nicht in diese Kategorie gehört, wurde ziemlich bald klar; er ist so versnobt, dass er von seiner Frau verlangt, ihren Vornamen zu ändern, den er als zu proletarisch empfindet. So wird aus Roswitha Martina, aber diese Äußerlichkeit verhilft ihr nicht zu einem besseren Leben, und auch nur vorübergehend zu mehr Ansehen in Leons Augen. Identitätsprobleme hatte sie auch schon, bevor sie ihn kennen gelernt hat, weibliche Schönheit allein ist noch keine Garantie für persönliches Glück. Das kleinbürgerliche Milieu, aus dem sie stammt, konnte sie nie ganz hinter sich lassen, auch nicht ihre familiären Probleme, die sich in einer Ess-Störung äußern, die sie sowohl vor ihrer Familie als auch vor Leon geheim hält.

Weitere skurrile Gestalten in Duves Regenroman sind Leons einziger und bester Freund Harry, ein halbseidener Krimineller, der ebenso wenig echte Anteilnahme bei mir zu wecken imstande war wie das Ehepaar Ulbricht, um der Wahrheit Genüge zu tun eher noch weniger. Außerdem gibt es noch die Schwestern Schlei, die nächsten Nachbarn der Ulbrichts, die fast Loriotsche Züge tragen. Duve erzählt ihre Geschichte in einer Sprache, wie sie für die neue deutsche Literatur vermutlich angemessen ist, für die ich aber anscheinend zu altmodisch bin, um sie wirklich zu genießen. So überwog letztendlich der Ekel, nicht die Faszination, je weiter ich las. Das Buch war eine interessante Erfahrung, doch kaum dazu angetan, mich zu inspirieren, noch einen Roman dieser Autorin zu lesen. Unsympathische Zeitgenossen gibt es im realen Leben mehr als genug, die Schilderung ihrer Alltagssorgen bis ins kleinste Detail ist nicht das, was ich mir als Feierabendlektüre wünsche. Dass Kritiker solche Bücher lieben, ist kein Geheimnis. Es sei ihnen auch unbenommen, aber als Leser muss ich mich ihrer Meinung nicht unbedingt anschließen.

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Zuletzt aktualisiert am: Mittwoch, 26. Juli 2006

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