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       Der Arzt und Genforscher Tom Carter hat gerade den
    Nobelpreispreis für seine bahnbrechenden Forschungen verliehen bekommen, als sein Leben
    in Scherben fällt: Unmittelbar nach der Preisverleihung fällt seine Frau einem Attentat
    zum Opfer, das eigentlich ihm galt, und wenig später erfährt er, dass seine achtjährige
    Tochter Holly an einem seltenen, schwer zu behandelnden Gehirntumor erkranken wird. Ein
    Wettlauf mit der Zeit beginnt, um die bereits begonnenen Forschungsarbeiten im Hinblick
    auf eine Gentherapie zur Behandlung bestimmter Krebsarten zu einem erfolgreichen Abschluss
    zu bringen. Für Holly scheinen diese Arbeiten jedoch zu viel Zeit in Anspruch zu nehmen,
    so dass Carter in einem letzten verzweifelten Versuch, seine Tochter zu retten, auf eine
    geradezu fantastisch anmutende Idee kommt: Wäre es möglich, sie mit den Kräften des
    größten Wunderheilers aller Zeiten zu heilen? Carter vermutet, dass die Heilkräfte von
    Jesus von Nazareth in dessen besonderen Genen begründet sein müssen und macht sich auf die
    Suche nach authentischen Reliquien bzw. heute lebenden Menschen, die dieselben
    Fähigkeiten haben. Helfen soll ihm dabei das Genescope, ein neues Gerät, das in der Lage
    ist, anhand einer einzigen Zelle das Genom eines ganzen Menschen zu rekonstruieren. Der
    "Bruderschaft der Wiederkehr Christi", einer in Jordanien angesiedelten
    fanatischen religiösen Gemeinschaft, sind die Arbeiten des Wissenschaftlers jedoch
    suspekt, und sie würden ihn lieber heute als morgen tot sehen. 
    Michael Cordy hat sich gleich für seinen ersten Roman ein heikles Thema ausgesucht:
    die Gentechnik unter religiösen und ethischen Gesichtspunkten. Wie weit kann ein
    Wissenschaftler gehen, ohne sich zu viele Feinde zu machen? Die vermeintliche
    Unvereinbarkeit von Kirche und Wissenschaft bietet auch heute noch genügend Zündstoff
    für ein spannendes Buch. 
    Die Handlung spielt in der nahen Zukunft kurz nach der Jahrtausendwende. Auch
    wenn vieles von dem, was im Roman passiert, im Moment noch sehr fantastisch anmutet, sind
    die beschriebenen technischen Möglichkeiten vielleicht doch nicht mehr so himmelweit
    entfernt, wie wir vielleicht glauben. Man bedenke nur, wie rasant die Entwicklung auf dem
    Computersektor verläuft. Ständig werden neue Gene entschlüsselt, so dass in
    nicht allzu ferner Zukunft vielleicht wirklich manche heute unheilbaren Krankheiten durch
    eine Gentherapie behandelt werden können. Ob es wünschenswert ist, alle Krankheiten
    heilen zu können und jedem Menschen zu einer Lebensspanne von 70 bis 80 Jahren zu
    verhelfen, steht auf einem anderen Blatt. Die Auswirkungen auf die Gesamtbevölkerung der
    Erde wären wahrscheinlich katastrophal. Die Ressourcen des Planeten sind begrenzt, und
    solange die Menschheit dazu verdammt ist, auf der Erde zu bleiben, sind dem
    Bevölkerungswachstum sicher natürliche Grenzen gesetzt. 
    Besonders positiv fiel mir an diesem Buch der Schluss auf, der gerade bei solchen
    Themen oft dazu angetan ist, den Gesamteindruck zu ruinieren. Es wird keine umfassende
    Radikallösung angeboten, sondern eine relativ einfache Auflösung, die zum Nachdenken
    anregt. "Das Nazareth-Gen" wird sicher keinen Nobelpreis für Literatur
    gewinnen, aber es ist eine spannende Lektüre für zwischendurch, bietet durchaus gewisse
    Denkanstöße und ist für ein Erstlingswerk überraschend gut konzipiert. Das ideale Buch
    für ein verregnetes Wochenende oder einen Urlaubstag am Strand. 
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