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     Mikrosklaven ist die Geschichte einer Gruppe von jungen Leuten, die für die heutige
    Zeit durchaus repräsentativ sein könnte. Alles beginnt im Hause eines renommierten
    Softwarekonzerns in Redmond, dessen Name vom Autor nicht geändert wurde, weswegen
    Ähnlichkeiten mit einer existierenden Firma nicht zufällig, sondern beabsichtigt sind.
    Das Unglaubliche ist eingetreten: Ein Programmierer wird für einen Fehler von Bill
    persönlich per E-Mail "geflamet", was bisher nur in Ausnahmefällen vorgekommen
    sein soll. 
    Der Alltag bei Microsoft ist hart, bekanntlich haben diejenigen, die dort angestellt
    sind, im Grunde kein Privatleben, da ihr ganzes Leben sich quasi in der Firma abspielt.
    Die eigene Wohnung ist nicht mehr als ein Schlafplatz, weswegen jeder sich bemüht, sein
    Büro so persönlich zu gestalten wie nur möglich, denn dort verbringt man schließlich
    die meiste Zeit. Douglas Coupland erzählt seine Geschichte aus der Sicht von Dan, einem
    Mitglied der Gruppe, der eine Art Tagebuch führt, und es ist in der Ich-Form geschrieben.
    Dan erzählt von seinen Freunden, seiner Familie, was er den Tag über erlebt, was er
    denkt und fühlt. 
    Allen ist klar, dass sie bei Microsoft auf Dauer nicht überleben können, es sei denn,
    sie verzichten völlig auf ein Privatleben. Was liegt also näher, als sich selbständig
    zu machen und dem großen Vorbild nachzueifern? An Ideen mangelt es ihnen nicht, auch
    nicht an der nötigen Begeisterung, die dieser Aufbruch in eine ungewisse Zukunft mit sich
    bringt. Der Leser begleitet sie auf ihrem Weg ins "Erwachsenenleben" und hat
    teil an ihren kleineren und größeren Sorgen und Nöten. 
    Wer einen reißerischen Roman erwartet, in dem pausenlos Intrigen gesponnen werden, ist
    mit Mikrosklaven schlecht bedient. Es passiert im Grunde nicht viel, aber weil
    jeder, der an der neuen Informationsgesellschaft teilnimmt und sich (vielleicht) noch gut
    daran erinnert, wie er mit 23 Jahren gedacht und gefühlt hat, sich in irgendeiner Weise
    mit den Charakteren identifizieren kann, ist das Buch nicht nur für die Altersgruppe
    lesenswert, deren Leben es beschreibt. Der etwas eigenwillige Erzählstil von Douglas
    Coupland ist zwar anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber so originell, dass man kaum
    umhin kann weiterzulesen, auch wenn man im allgemeinen Erzählungen in der Ich-Form nicht
    sonderlich schätzt. 
    Auch wenn Mikrosklaven kaum ein literarisches Meisterwerk darstellt,
    beschreibt es sehr anschaulich die "Welt" der heute Zwanzig- bis
    Dreißigjährigen, ist aber denjenigen, die noch immer keinen Zugang zu Computern gefunden
    haben und denen das "Globale Dorf" namens Internet weiterhin suspekt ist, als
    Lektüre kaum zu empfehlen.  |