Andrew Wiggins, genannt Ender, ist das jüngste von
drei Kindern und dürfte daher gar nicht existieren. Seine Eltern
bekamen nur deshalb die Erlaubnis, ein drittes Kind zu zeugen, weil
sein Bruder Peter und seine Schwester Valentine nicht den
Erwartungen des Staates entsprachen, der im Rahmen eines Programms
für Hochbegabte die vielversprechendsten Kinder an einer staatlichen
Schule zu Offizieren ausbildet, um sie später im Krieg gegen die
Buggers, eine der Menschheit feindlich gesinnte außerirdische Macht,
einzusetzen, die mehr als fünfzig Jahre zuvor die Erde überfallen
hat.
Ender ist erst sechs Jahre alt, als er seine Familie
mit der Option verlassen muss, sie erst wiederzusehen, wenn er zwölf
ist. Vor allem der Abschied von Valentine fällt ihm schwer,
wohingegen er froh ist, von seinem Bruder Peter wegzukommen, der
bereits seit frühester Kindheit einen bemerkenswerten Mangel an
Empathie und einen Hang zur Gewalttätigkeit, gepaart mit höchster
Intelligenz, an den Tag gelegt hat, weshalb ihm die Aufnahme in die
Kadettenschule verweigert wurde.
Die Schule, die sich auf einer Raumstation im Orbit
befindet, wird Ender zur zweiten Heimat. Obwohl von Anfang an ein
Außenseiter, setzen seine Lehrer die größten Hoffnungen in ihn.
Ender tut alles, um den Erwartungen gerecht zu werden, nicht
wissend, dass er letztlich nur eine Marionette der Mächtigen ist,
die ihn für ihre Zwecke benutzen.
Obwohl bereits 1985 erschienen, zeigt Orson Scott
Cards Roman, der sowohl mit dem Hugo als auch mit dem Nebula Award
ausgezeichnet wurde, nur wenige "Alterungserscheinungen", wie man
sie sonst häufig bei Science-Fiction findet, die zwei Dekaden oder
älter ist. Auch wenn Card die weltweite Vernetzung von Computern,
die große Ähnlichkeit mit dem Internet aufweist und deutliche Züge
des alten Usenet trägt, hundert Jahre in die Zukunft datiert hat,
ist er doch einer der wenigen, der überhaupt etwas Derartiges
vorhergesehen hat. Die virtuelle Realität von Enders Computerspielen
mag dem heutigen Leser als fast "normal" erscheinen, 1985 dürfte die
Vorstellung jedoch geradezu umwerfend gewesen sein.
Doch es ist nicht die Technik, die den Reiz des
Buches ausmacht, sondern Cards sorgfältige und liebevolle
Charakterisierung des Jungen Ender, die Kunst, dem Leser eine Figur
nahe zu bringen, die Züge eines Antihelden trägt und über dunkle
Seiten verfügt, über die man normalerweise nicht gern spricht.
Punkteabzug gibt es von mir wegen der für meinen Geschmack oft zu
ausführlichen Beschreibungen der Schlachten, die eher die männlichen
Leser ansprechen dürften. Es wäre interessant, einmal die dem Roman
zugrunde liegende Kurzgeschichte zu lesen, in der es weniger Raum
für derlei Dinge gegeben haben dürfte.
Ein weiterer Pluspunkt besteht darin, dass Card am
Schluss für den Leser noch eine Überraschung bereithält und das
scheinbar vorhersehbare Ende vermeidet. Trotz der weiter oben
geäußerten Vorbehalte ist Das große Spiel ein rundum
empfehlenswertes Buch. |