Jeder, der sich für Dinosaurier interessiert, hat schon einmal
gehört, dass dieser Name, der "schreckliche Echsen" bedeutet,
auf den britischen Paläontologen Richard Owen zurückgeht. Und obwohl
die weitaus spektakulärsten Funde heutzutage vor allem in Nord- und
Südamerika, China und der Mongolei gemacht werden, hat das
"Dinofieber" im 19. Jahrhundert in Europa, genauer gesagt in
Großbritannien, begonnen, wo die ersten Dinosaurier - Megalosaurus
und Iguanodon - entdeckt und benannt worden sind.
Deborah Cadbury erzählt in ihrem Buch Dinosaurierjäger,
dessen Titel eher auf Geschichten abenteuerlicher Entdeckungen
schließen lässt, in Wahrheit ein Stück Wissenschaftsgeschichte,
nämlich die Anfänge der Paläontologie und der Geologie in Europa. Und
sie tut es auf eine Weise, die dieses zunächst ziemlich trocken
wirkende Thema auf unerwartete Art interessant macht: Das Buch handelt
nicht nur von toten Steinen und Knochen, sondern vor allem von den
Menschen, die sie gesammelt und erforscht haben. Der Leser erfährt
mindestens ebenso viel über das Schicksal dieser Menschen wie über die
Fossilien selbst. Gideon Mantell (der Entdecker von Iguanodon) und Sir
Richard Owen haben sich zwar nicht ganz so erbittert
"bekriegt" wie einige Jahrzehnte später ihre amerikanischen
Kollegen Edward Drinker Cope und Othniel Charles Marsh, aber der
Museumsdirektor Owen tat sein Möglichstes, um Mantell, der seinen
Lebensunterhalt mühsam als Landarzt verdienen musste, zu verunglimpfen,
wo er nur konnte, außerdem stahl er ihm einen Teil seines
wissenschaftlichen Ruhmes und beanspruchte ihn für sich.
So mancher dürfte überrascht darüber sein, dass ein paar der
bedeutendsten paläontologischen Entdeckungen auf der britischen Insel
einer Frau zu verdanken sind: Mary Annings, Tochter eines Zimmermanns
aus Lyme Regis, die versuchte, mit dem Sammeln und dem Verkauf von
Fossilien der Armut zu entrinnen. Schon mit elf Jahren suchte sie
zusammen mit ihrem Vater den Strand nach "Schlangensteinen"
(Ammoniten) ab. Eine weitere Persönlichkeit in der Geschichte der
britischen Paläontologie ist Reverend William Buckland, der Professor
für Geologie an der Universität von Oxford war. Er beschrieb im Jahre
1824 den Kieferknochen von Megalosaurus, dem ersten Dinosaurier, der
jemals als solcher beschrieben wurde.
Dinosaurierjäger zeichnet ein lebendiges Bild all dieser
historischen Figuren, was die Lektüre des Buches zu einem reinen
Vergnügen macht. Die hervorragende Übersetzung trägt das Ihrige zu
besagtem Vergnügen bei; leider findet man derzeit nur allzu selten eine
Übersetzung, die einem das Gefühl vermittelt, ein Original zu lesen,
obwohl das doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Ein
rundum empfehlenswertes Buch. |